Tag Archives: JazzTalk

JazzTalk 146: Sascha Ley & Georg Ruby “Hildegard Knef revisited”

So originell, artistisch und exzentrisch hat sich wohl noch niemand dem musikalischen und literarischen Nachlass der großen deutschen Leinwand- und Bühnendiva Hildegard Knef (1925-2002) genähert, wie der Kölner Pianist Georg Ruby und die luxemburgische Schauspielerin, Sängerin, Performerin Sascha Ley in ihrem gemeinsamen Projekt “Hildegard Knef revisited” – nachzuhören auf ihrer neuen CD “The Laughter of the Red Moon” (JazzHausMusik, 2023).

Hildegard Knef ist eine Legende: Ihr Lebenswerk offenbarte eine unglaubliche Bündelung von Talenten, kombiniert mit einer einzigartigen Ausdrucksenergie. Für ihren Mann, den britischen Schauspieler und Regisseur David Cameron, war “die Knef” „a woman and a half“: eine Frau, die in all ihren Facetten weit mehr ausstrahlt, als ein alltäglicher Stern es jemals vermag. Ihre Zusammenarbeit mit Cole Porter ist legendär und führte mittelbar zu Hunderten von Knef-Chansons anderer Komponisten, deren Text-Autorin sie war.

Ley und Ruby präsentieren einerseits eine sehr unterhaltsame Neuinterpretation der Musik und literarischen Versatzstücke, würdigen andererseits aber auch die Werke ihres musikalischen Umfelds samt dessen Komponisten wie Theo Mackeben, Peter Kreuder, Robert Heymann, Charly Niessen, Ralph Maria Siegel und Cole Porter.

Die zwei nehmen dabei die melodischen und rhythmischen Strukturen der Originale ernst und verarbeiten sie so, dass einerseits deren Wiedererkennbarkeit erhalten bleibt, andererseits aber der improvisatorische Ruby-Ley-Personalstil unverkennbar wirkt. Bei den Neuinterpretationen der Knef-Chansons gibt es dabei keine stilistische Grenzen: jazzorientiertes Ambiente steht neben Songstrukturen und geht in Varianten Hildegard Knefs lyrischer Texte über.

Eine Veranstaltung im Rahmen von dazz – Jazz Winter Darmstadt 2024

JazzTalk 145: Niescier | Reid | Harris

Dieses Trio schmeißt sich und uns ihre Spiellust in atemberaubendem Tempo um die Ohren, dass es eine wahre Freude ist. Das Dreiergespann durchforscht jeden möglichen Aspekt des Zusammenspiels, mal kammermusikalisch fein und transparent, mal explosionsartig ungestüm und dicht, immer spannungsgeladen bis in den letzten Ton und die letzte Pause. Die Komplexität und Originalität Niesciers Kompositionen ist unüberhörbar, die organische Struktur der Musik bleibt dennoch erhalten, was die Performance des Trios so unfassbar spannend macht. Mit absoluter Souveränität transportieren die drei eine fesselnde Intensität durch ihre Musik und ihren Sound.

Als Cellistin und Komponistin ist die aus Chicago stammende Tomeka Reid eine der treibenden künstlerischen Kräfte der amerikanischen Jazzszene. Sie arbeitet u.a. mit Roscoe Mitchell, Craig Taborn, Myra Melford, Anthony Braxton und Mary Halvorson.

Savannah Harris gehört zu „New York’s finest players“. Als extrem vielseitige Drummerin arbeitet sie über alle Genregrenzen hinweg, ob mit Geri Allen, Peter Evans, Christian McBride, Jason Moran, Kenny Barron oder dem Hip Hop Collective Standing in The Corner.

Angelika Niescier, laut Berliner Zeitung „die große europäische Saxophonistin“, ist eine der Musikerinnen, die sich bemühen den Jazz permanent auf internationalem Niveau weiterzuentwickeln. Die vielfach ausgezeichnete Kölnerin ist eine atemberaubend temperamentvolle und virtuose Musikerin, was, neben Joachim Kühn, Tyshawn Sorey, Nasheet Waits, Jim Black, Sylvie Courvoisier, Ernie Watts, Soweto Kinch, Alexander Hawkins oder Mariá Portugal, auch viele andere Kolleg:innen, mit denen sie auf der Bühne steht, bezeugen würden.

JazzTalk 144: SH4IKH QUARTET

Im Sommer 2015 gründete der Saxophonist, Flötist und Komponist Maximilian Shaikh-Yousef – Preisträger des Frankfurter Jazzpreises 2018 – sein Quartett. Die Musik ist von verschiedenen Stilen des Jazz, sowie arabischen Klängen und klassischer Literatur geprägt, und bekommt durch die musikalische Sprache des Komponisten und seiner Mitmusiker eine eigene Fassette. Seit 2017 spielte die Band auf verschiedenen Festivals (Palatia Jazz, Bingen Swingt) und tourte mehrfach durch Europa. Die Qualität und das Zusammenspiel von Shaikh-Yousefs Ensemble wurde unter anderem durch das Gewinnen des jungen Münchner Jazzpreises 2019 ausgezeichnet.

Das im Jahr 2022 erschiene Debutalbum SPINNENNETZ der Band vertont kleine Abschnitte – kleine Kurzgeschichten – aus dem Leben des deutsch-arabische Komponisten, und Saxophonisten Maximilian Shaikh-Yousef. Liebevolle Melodien, filigran und intensiv, zerbrechlich und expressiv gespielt. All dies ist umrahmt von energetischem Groove und strahlender Klangwolke.

Maximilian Shaikh-Yousef – Saxophon & Flöte
Lukas Moriz – Piano
Bastian Weinig – Bass
Leopold Ebert – Drums

JazzTalk 143: Hank Roberts Trio

Hank Roberts hat während der vergangenen 50 Jahre nicht nur als virtuoser Cellist geprägt, der die Spieltechnik seines Instruments stets innovativ erweitert hat. Auch als Komponist hat er immer wieder für besondere Alben gesorgt, die mit ihren Einflüssen aus Rock, aber vor allem Folk und Blue Grass in der Jazzlandschaft ihren Bestand haben. Diese grenzüberschreitenden musikalischen Wanderungen haben ihn zu einem beliebten Partner u.a. für Bill Frisell, John Zorn, Tim Berne, Marc Ribot und vielen anderen mehr gemacht.

Der amerikanische Ausnahme-Cellist präsentiert ein speziell für diese Europa Tournee neu zusammengestelltes Trio.

Matt Wilson gehört seit Jahrzehnten zu den begehrtesten Schlagzeugern der Jazzszene, nicht erst seit seinem 2017 weltweit gefeierten Album “Honey and Salt”. Zuvor schon wurde er bekannt als Mitglied von “Trio M” (mit Myra Melford und Mark Dresser) und als Schlagzeuger mit Lee Konitz, Dewey Redman, Paul Bley, Charlie Haden, Lee Konitz, Bob Stewart, Cecil McBee, Denny Zeitlin, Ron Miles, Jeff Lederer, Marty Ehrlich, Ted Nash, Ray Anderson, Don Friedman, Jane Ira Bloom hochgeschätzt. Mit seiner genre-übergreifenden und humorvollen Spielweise passt Matt Wilson ideal zur schalkhaft und gekonnt mit Genreklischees hantierenden Spielweise von Hank Roberts.

Der kubanische Pianist Aruán Ortiz erweitert die experimentelle Seite dieses neuen Trios. Ortiz wuchs auf Kuba auf und genoss dort eine klassische Musikausbildung, bevor er sich dem Jazz zuwandte und nach New York zog. Während der vergangenen Jahre hat er mit seinem innovativen Pianostil auf zahlreichen Alben (vor allem auf dem Schweizer Label Intakt) und in unterschiedlichen Formationen für Aufmerksamkeit gesorgt. Herausragend sind dabei seine Solo-Performances oder sein aufregendes Duo mit dem Klarinettisten und Saxophonisten Don Byron. Auch seine Liste der musikalischen Kollaborationen ist gleichermaßen endlos wie prominent – und dadurch natürlich auch höchst beeindruckend; Esperanza Spalding, Terri Lyne Carrington, Wadada Leo Smith, Greg Osby, Wallace Roney, Nicole Mitchell, Steve Turre, Cameron Brown oder etwa Schlagzeuger Nasheet Waits.

Hank Roberts | Cello
Aruan Ortiz | Piano
Matt Wilson | Schlagzeug

JazzTalk 142: The Clarinet Trio

Eine lange Weile ist es her, dass der letzte JazzTalk im Jazzinstitut Darmstadt stattfand. So lange, dass wir erst noch einmal die korrekte Nummerierung recherchieren mussten. Es ist tatsächlich die 142. Ausgabe des beliebten Mischformats aus Musikkonzert und intensiv-ausführlichem Musikergespräch zwischen den beiden Konzertteilen. Der Berliner Saxophonist und Bassklarinettist Gebhard Ullmann war in den letzten Jahren bereits dreimal in der JazzTalk-Reihe vertreten.

Aber was heißt das schon bei einer der herausragendsten und originellsten Jazzmusikerpersönlichkeiten Deutschlands. 65 Jahre alt ist Ullmann im vergangenen Jahr geworden, weit über 60 Produktionen hat er unter eigenem Namen oder als Co-Leader in seiner langen Karriere veröffentlicht. Allein sechs davon in den vergangenen 25 Jahren mit dem kongenialen The Clarinet Trio mit Jürgen Kupke und Michael Thieke. Ihre neueste CD “Transformations and Further Passages” erschien erst am 28. Oktober 2022 beim Londoner Label LEO-Records und ist eine Reise durch die Geschichte des deutschen Jazz der 1950er und 1960er Jahre, wie es sie in dieser Form noch nicht gegeben hat.

Neben vier Eigenkompositionen der Bandmitglieder erklingen Neuinterpretationen einiger Stücke von Joki Freund, Albert Mangelsdorff, Rolf und Joachim Kühn, Manfred Schoof, Karl Berger und Ernst Ludwig Petrowsky. Das Trio verneigt sich vor diesen Großen des deutschen Jazz, ohne aber im Respekt zu erstarren.

Ullmann hatte das Glück, mit vielen der Genannten persönlich zusammengespielt zu haben. Manche von ihnen sprach er direkt an und erhielt die originalen Partituren der Stücke. „Es war uns wichtig“, rekapituliert Ullmann, „diese Originale nicht nur zu spielen, sondern unsere eigenen, von uns entwickelten Techniken einzusetzen, um die Musik in einem neuen Kontext zu spielen.“

Gebhard Ullmann selbst sieht sich eindeutig als Nachfahre jener Generation von Musikern und nicht als letzter Teil von ihr. Es gelte anzuerkennen, betont er, dass diese Musiker in den 1950er Jahren in Deutschland völlig andere Kämpfe auszutragen hatten als jene, die wie er in den 1980er Jahren hinzukamen. Damals sei der Jazz auch noch viel dichter an der gesellschaftlich politischen Entwicklung dran gewesen als heute, so Ullmann. Er sei privilegiert gewesen, weil er schon eine fertige Kunstform vorgefunden habe.

Der Titel „Transformations & Further Passages“ trägt dem Umstand Rechnung, dass die genannten Musiker damals einerseits geografische Wege zurück gelegt haben, die weit beschwerlicher waren, als das heute der Fall ist, und andererseits auch musikalisch völlig neue Wege beschritten.

Eine Veranstaltung des Jazzinstitut Darmstadt im Rahmen des dazz – Jazz Winter Darmstadt 2023

JazzTalk recordings

We plan to successively publish recordings of our JazzTalk series here, because in almost 20 years, entertaining, lively and sometimes even downright profound dialogues about art, music and musicians' lives have emerged between Wolfram Knauer and his guests.

The vast majority of these highly exciting conversations were conducted in German. Every now and then, international guests also answered Wolfram Knauer's questions, including Sheila Jordan, Walter Norris, Vijay Iyer, Tony Oxley, Vesna Pisarovic, Evan Parker, Richie Beirach or Johnny O'Neal. hr2-Kultur Jazzredakteur Guenter Hottmann.

Jazz at the Institute

Concerts take place regularly in the acoustically excellent vaulted cellar under the Jazz Institute. On Fridays, well-known and even less well-known musicians perform here. The concert series "JazzTalk" regularly invites, mostly German-speaking artists, to a discussion concert. In addition, the Verein zur Förderung des zeitgenössischen Jazz in Darmstadt e.V. organises its own concerts and the Bessunger Jam Session on the last Friday of each month. Incidentally, the association's programme was awarded the "APPLAUS - Award for Programme Planning of Independent Venues" prize by the Federal Commissioner for Culture and the Media in 2016, 2018 and 2019. Verein zur Förderung des zeitgenössischen Jazz  in Darmstadt e.V. (Abk. “Förderverein Jazz”) eigene Konzerte sowie jeweils am letzten Freitag des Monats die Bessunger Jam Session. Das Programm des Vereins wurde übrigens 2016, 2018, 2019 und 2022 mit dem Spielstättenprogrammpreis »APPLAUS – Auszeichnung der Programmplanung unabhängiger Spielstätten« der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien prämiert.

Bei Veranstaltungen des Fördervereins Jazz empfehlen wir einen Blick auf die Website des Vereins, auf der aktuelle Informationen über die Konzerte sowie die Verfügbarkeit von Tickets zu finden sind.

Musikerinnen und Musiker aus der Region nutzen den Konzertraum gelegentlich für Veranstaltungen in eigener Regie etwa für CD-Releases oder Präsentationen neuer Programme. Interessierte richten dazu ihre Anfragen bitte an jazz@jazzinstitut.de. In der Galerie im Dachgeschoss des Jazzinstituts sowie im Treppenhaus und im Gewölbekeller präsentieren wir wechselnde Ausstellungen Bildender Künstler:innen und Fotograf:innen mit Bezug zum Jazz.