Konferenz, Workshop, Konzerte, Filmreihe, Ausstellung – das 19. Darmstädter Jazzforum vom 24.–28. September 2025
Eine Musik, die offen für Wandel ist – wie der Jazz – spiegelt globale gesellschaftliche Entwicklungen wider. Diese Themen standen bereits in früheren Darmstädter Jazzforen zur Diskussion. Wie aber beeinflussen gesellschaftliche Veränderungen die Künstler*innen und die Jazz-Szene? Wie reagieren sie auf zeitgeschichtliche Herausforderungen? Gestalten sie diese aktiv oder ziehen sie sich zurück? Das Jazzforum 2025 widmet sich der künstlerischen und spirituellen Auseinandersetzung im Jazz – historisch und zeitgenössisch – und untersucht damit verbundene künstlerische und soziale Praktiken.
Jazz, Spiritualität und der Blues des guten Lebens
Musik hat seit jeher eine zentrale Rolle in spirituellen und rituellen Kontexten gespielt. Call-and-Response-Strukturen, die in vielen Musiktraditionen verankert sind, fördern Dialog und Gemeinschaft und stehen oft für spirituelle Verbundenheit. Dabei ist Musik ein Medium der Inspiration und Kommunikation und kann durch Tanz und Bewegung zur körperlichen Erfahrung werden.
Viele afro-amerikanische Musiker*innen nutzten spirituelle musikalische Formen – von Spirituals über Gospel bis hin zum Free Jazz – als Widerstand gegen Rassismus und Diskriminierung. Diese spirituelle Widerstandskraft prägte die Entwicklung des Jazz nachhaltig. Jazz als offenes, improvisationsbetontes Genre und seine Live-Charakteristik bieten auch heute Raum für unterschiedliche Sinnsuchbewegungen.
Das Jazzforum 2025, das vom 24. bis 28. September in Darmstadt stattfindet, wird unter dem von Alice Coltrane inspirierten Titel „Universal Consciousness – Jazz, Spiritualität und der Blues des guten Lebens“ historische und aktuelle (künstlerische) Reflexionen beleuchten.
Programm (Stand: 22. September 2025)
Programmübersicht zum Download als PDF
Alle Abstracts zu den Vorträgen und kurze Vorstellung der Teilnehmenden
Mittwoch, 24. September 2025
Eröffnung @Jazzinstitut Darmstadt
Auftakt mit Geschichte, Gegenwart und Klang
Zum Auftakt des 19. Darmstädter Jazzforums schlagen wir einen Bogen von der Geschichte des Jazzinstituts zur künstlerischen Gegenwart. Die Eröffnung würdigt 35 Jahre dokumentierte und gelebte Jazzkultur mit einer Ausstellung zur Geschichte des Instituts. Im anschließenden Eröffnungskonzert begibt sich das Kathrin Pechlof Trio auf eine sinnlich-intellektuelle Spurensuche im musikalischen Vermächtnis von Alice Coltrane – zwischen klanglicher Tiefe und konzentrierter Offenheit im „Universal Consciousness“.
18:00 Uhr: Ausstellung@Jazzinstitut „35 1/5 Umdrehungen“
Empfang und Eröffnung des Jazzforums mit Vernissage der Ausstellung zur Geschichte des Jazzinstituts Darmstadt
20:00 Uhr: Konzert@Jazzinstitut (Gewölbekeller)
Kathrin Pechlof Trio Tickets hier
Donnerstag, 25. September 2025
Konferenz@HoffArt-Theater „Universal Consciousness“
Spiritualität, Wirkung und Theorie: Perspektiven öffnen
Der erste Konferenztag im HoffArt-Theater stellt theoretische und musikwissenschaftliche Perspektiven ins Zentrum: Wie lässt sich das Verhältnis von Musik und Spiritualität überhaupt denken, und erforschen? Die Beiträge und das anschließende Panel untersuchen Jazz und Improvisierte Musik als Ausdrucksträger für metaphysische, religiöse oder gesellschaftspolitische Anliegen. Live-Zeichnungen von Lena Gätjens begleiten die Konferenz. In der Abendveranstaltung im programmkinorex erweitern wir den Blick über das Konzert hinaus – mit zwei Filmen und einem Gespräch zur Erfahrungswelt von Künstler*innen.
13:45 Uhr: Einführung von Bettina Bohle
14:00 Uhr: Key Note-Vortrag von Laura Schwinger, „Self-loss, self-care, self-expression? Jazz und Achtsamkeit“
15:15 Uhr: Vortrag von Uwe Steinmetz, „Just a Vessel?“
16:30 Uhr: Panel zu musikwissenschaftlichen Perspektiven mit André Doehring (Graz), Hauke Dorsch (Mainz), Fanny Opitz (Köln/Bonn)
17:30 Uhr: Reflexion mit Aida Baghernejad
18:15 Uhr: Filmreihe@programmkinorex „Jazz is the Place“
Auftakt der Filmreihe mit einem Gespräch zwischen Kurator Patrick Holzapfel und der Harfenistin Kathrin Pechlof, anschließend „Momma Don’t Allow“ (GB, 1956) und „Sven Klangs kvintet“ (SWE, 1976) Tickets hier
Freitag, 26. September 2025
Konferenz@HoffArt-Theater „Universal Consciousness“
Körper, Konflikte, Kuratieren: Zwischen Hingabe und Haltung
Am zweiten Konferenztag geht es um die gelebte Praxis: Wie manifestiert sich Spiritualität im künstlerischen Alltag? Wie wirkt Musik in gesellschaftlich angespannten Kontexten? Musiker*innen, Kurator*innen und kulturpolitische Akteur*innen bringen vielfältige Perspektiven auf kreative Handlungsspielräume ein. Im Zentrum stehen dabei sowohl individuelle Positionen als auch kollektive Formate, zwischen Widerstand, Ritual und Selbstsorge. Live-Zeichnungen von Lena Gätjens begleiten die Konferenz. Der Konzertabend in der Centralstation mit Michael Wollny und Emile Parisien sowie eine nächtliche Listening Session von und mit Hermes Villena und Tanya Gautam runden den Tag atmosphärisch ab.
10:00 Uhr: Vortrag von Martin Büdel, „Es ist mehr als eine Religion: Spiritualität und Transzendenz in madagassischen Jazz-Fusionen“
11:00 Uhr: Vortrag von Laura Robles Marcuello, „Antigroove – Diskriminierung und kulturelle Aneignung im Rhythmus“
11:45 Uhr: Reflexion mit Aida Baghernejad
14:00 Uhr: Gespräch zu Kreativität unter angespannten Bedingungen zwischen Aida Baghernejad und Maria I.J. Reich
15:15 Uhr: Präsentation von Bazak Yavuz / Serdar Yilmaz zum Programm „Triptych of the Absentees“
16:30 Uhr: Panel zu kuratorischen Perspektiven mit Sophie Emilie Beha (Köln), Klaus Gasteiger (Mainz), Jacobien Vlasman (Berlin)
17:30 Uhr: Reflexion mit Aida Baghernejad
20 Uhr: Konzert@Centralstation (Saal)
Michael Wollny / Emile Parisien Tickets hier
22:00 Uhr: Listening Session@Centralstation Bar
Hermes Villena & Tanya Gautam, „Spirituality in Sound – A Sonic Collage“
Samstag, 27. September 2025
Konferenz@HoffArt-Theater „Universal Consciousness“
Auf der Suche nach Resonanz: Musikpädagogik, Performance und Alltagspraxis
Improvisation als Moment der Gegenwart, als Zugang zu kollektiven Erfahrungen und als künstlerischer wie pädagogischer Möglichkeitsraum steht im Mittelpunkt dieses Tages. Neben Beiträgen zu Mental Health, Musikpädagogik und ästhetischer Forschung stellen Musiker*innen und Performer*innen ihre Perspektiven auf Spiritualität im kreativen Prozess vor. Was passiert im „Jetzt“ des Spiels – und wie lässt sich diese Erfahrung vermitteln? Live-Zeichnungen von Lena Gätjens begleiten die Konferenz. Am Abend begibt sich das Yarns Ensemble in der Bessunger Knabenschule auf musikalische Spurensuche nach klanglicher Gemeinschaft.
09:00 Uhr: Vortrag von Jonas Brinckmann, „Perspektiven von Instrumentallehrenden auf das ‚Jetzt‘ des Improvisierens“
10:00 Uhr: Vortrag von Maria Spychiger, „Fly me to the Moon. Connecting patterns im Jazz“
11:00 Uhr: Vortrag von Michael Wollny, „Living Ghosts“
11:45 Uhr: Reflexion mit Aida Baghernejad
14:00 Uhr: Jan Kobrzinowski / Hans Hansen, „Beyond Music. A Journey into Healing Frequencies of Sound and Music“
15:15 Uhr: lecture performance Die Unwucht
16:30 Uhr: Panel zu künstlerischen Perspektiven mit Philipp Gropper (Berlin), Zola Mennenöh (Köln), Mark Porter (Erfurt)
17:30 Uhr: Reflexion mit Aida Baghernejad
20:00 Uhr: Konzert@Bessunger Knabenschule
The Yarns Ensemble Tickets hier
Sonntag, 28. September 2025
Filmreihe@programmkinorex
Nachklang und Perspektivwechsel
Der Sonntag bietet Raum für Reflektion und Ausblick. In Kooperation mit dem programmkinorex fragen wir, wie sich Spiritualität, Jazz und gesellschaftliches Bewusstsein im Film erzählen lassen am Beispiel von Filmen zu Ornette Colemann und Sun Ra. Zwischen den beiden Filmen führen wir ein Gespräch über Bildsprache und Musik.
11:00 Uhr: Filmreihe@programmkinorex
Jazz is the Place
Zwei Filme werden gezeigt „Ornette: Made in America“ und „A Joyful Music“ dazwischen gibt es ein Filmgespräch zwischen Filmemacher und Regisseur Teoman Yüzer und Arndt Weidler Tickets hier
Themenschwerpunkte der einzelnen Panels
Panel 1 (25.9.)
Wie drückt sich Spiritualität in Musik aus – und wie lässt sich das erforschen? Dieses Panel nähert sich dieser Frage aus theoretischen und empirischen Perspektiven und untersucht musikalische Ausdrucksformen im Kontext von Spiritualität, Religion, Transzendenz, Achtsamkeit und metaphysischen Betrachtungsweisen. Besonderes Augenmerk gilt dem Jazz als improvisierter Live-Musik: Inwiefern begünstigt seine performative Offenheit eine besondere Form der Wahrnehmung und Bedeutungskonstitution? Welche historischen Linien verbinden Jazz mit spirituellen und gesellschaftspolitischen Bewegungen – etwa in Form religiöser Symbolik, utopischer Weltentwürfe oder widerständiger Praxis? Und schließlich: Wo endet die analytische Zugänglichkeit durch Sprache – und beginnt das Erkenntnispotenzial musikalischer Erfahrung selbst?
Panel 2 (26.9.)
Mehr als Programm: Kuratieren zwischen Atmosphäre, Anspruch und Wirkung
Dieses Panel widmet sich der Frage, welche Atmosphären Kurator:innen bewusst erzeugen wollen – und welche tatsächlich im Konzert erfahrbar werden. Es geht um künstlerische Intentionen, strukturelle Rahmenbedingungen und beispielhafte Formate, die kollektives Erleben ermöglichen, spirituelle Tiefe berühren oder gesellschaftliche Fragen ins Spiel bringen – auch jenseits religiöser Kontexte. Welche Spielräume eröffnen sich für eine Vermittlung, die sinnlich und reflexiv zugleich ist? Und was ließe sich gestalten, wenn Ressourcen und Räume keine Grenzen setzten?
Panel 3 (27.9.)
Was bedeutet Spiritualität im musikalischen Alltag? Musiker:innen sprechen über persönliche Zugänge, spirituelle oder religiöse Bezüge in ihrem Schaffen – und die damit verbundenen Chancen und Herausforderungen. Dabei geht es auch um das Spannungsverhältnis zwischen persönlicher Sinnsuche, öffentlicher Wirkung und musikalischer Form. Ist Spiritualität heute eine Haltung, ein ästhetisches Konzept oder ein Risiko? Und was bedeutet das für künstlerische Zukunftsentwürfe?
Blog
Weiterlesen: In unserem Blog zum Jazzforum sammeln wir lose Gedanken zum Thema Spiritualität, Jazz und möglichen Fragestellungen zum Thema, versuchen aber auch regelmäßig über den Fortschritt der Veranstaltung und besondere geplante Formate während des 19. Darmstädter Jazzforums zu schreiben.
Beteiligung am Darmstädter Jazzforum 2025
Zum 19. Darmstädter Jazzforum waren über einen Call Musiker*innen, Wissenschaftler*innen, Veranstalter*innen, Journalist*innen, Musikpädagog*innen und weitere Interessierte eingeladen, Beiträge einzureichen.
- Bei Interesse an einer Teilnahme an der Konferenz als Zuhörer*in schreiben Sie gerne eine E-Mail an: jazzforum@jazzinstitut.de
Bei Rückfragen oder Unterstützungsbedarf wenden Sie sich an:
Bettina Bohle, Tel. +49 6151 963740
oder
Arndt Weidler, Tel. +49 6151 963744
Hotelzimmer für Konferenzteilnehmer:innen sind für Selbstzahler*innen zu einem Tagungstarif verfügbar im Maritim, mehr Informationen hier.
Barrierefreiheit
Die Veranstaltung findet in deutscher Lautsprache statt. Die Veranstaltungsorte und -formate sollen möglichst barrierearm gestaltet sein. Bei Unterstützungsbedarf für die Teilnahme setzen Sie sich bitte mit uns in Verbindung. Wir planen, eine Kinderbetreuung während des Jazzforums zu organisieren, für Teilnehmende wie Besucher*innen. Bei Interesse bitte möglichst frühzeitig melden unter jazzforum@jazzinstitut.de