Wochenreport aus dem Jazzinstitut #3

Was geschieht während des jazzmusikalischen Shutdowns in Darmstadt? +++ Wie nutzen Jazzmusikerinnen und -musiker ihre erzwungene, meist unbezahlte, freie Zeit? +++ Wie ergeht es verwaisten Veranstaltungsorten? +++ Welche Ideen entstehen, um die veranstaltungslose Phase produktiv zu nutzen?

Liebe Freundinnen und Freunde des Jazzinstituts,

am vergangenen Freitag, am 1. Mai 2020, ist der Darmstädter Musiker, Pädagoge, Komponist Jürgen Wuchner im Alter von 72 Jahren verstorben. Die gesamte Darmstädter Kulturszene trauert um eine einmalige Persönlichkeit und wichtigen Pfeiler im kulturellen Leben dieser Stadt.    

Eigentlich wollten wir diesen Newsletter ja nutzen, um Ihnen regelmäßig und exklusiv davon zu berichten, wie bekannte Darmstädter Kulturschaffende, die Sie möglicherweise aus vielen Jazzkonzerten kennen, mit der Corona-Krise umgehen. Der sehr überraschende Tod von Jürgen hat uns bewogen, unseren Wochenreport komplett dem Andenken an einen unprätenziösen, gradlinigen und sehr vermissten Freund zu widmen.  

Was im Jazzinstitut selbst und in der großen weiten Welt passiert, darüber informieren wir übrigens alle vierzehn Tage weiterhin in unseren JazzNews (www.jazzinstitut.de/jazznews).

Jürgen Wuchner (Foto: Hans Kumpf, 1978)

(Ein Klick auf das Foto von Hans Kumpf, 1978, öffnet Rainer Linds wunderbares Interviewporträt von Jürgen Wuchner)

Nachruf von Wolfram Knauer vom Jazzinstitut Darmstadt

Wir trauern um einen bedeutenden deutschen Musiker, den Mittelpunkt der Darmstädter Jazzszene, den Gründer und künstlerischen Leiter unseres jährlichen Jazz Conceptions-Workshops seit 29 Jahren, einen engen Freund, Kollegen und kritischen Begleiter unserer täglichen Arbeit. Jürgen Wuchner, dessen Name fast wie ein Synonym für den Jazz in oder aus Darmstadt zu stehen scheint, starb plötzlich und unerwartet am Freitag, den 1. Mai 2020, im Alter von 72 Jahren.

Wuchner, der an der hiesigen Akademie für Tonkunst Kontrabass studierte, war seit den 1960er Jahren ein wichtiger Teil der Rhein-Main-Jazzszene. Er arbeitete mit Hans Koller, Heinz Sauer, Herbert Joos, Günter Klatt, dem Vienna Art Ensemble und zahlreichen anderen Künstlern, initiierte daneben etliche eigene Projekte, von dem auf tiefe Töne fokussierten Bassic Trio und unterschiedlichen Quartettbesetzungen bis hin zur größeren Band United Colors of Bessungen, in der Freunde und Kollegen aus der ganzen Region zusammenkamen.

In Wuchners Bassspiel waren von Charles Mingus inspirierte bluesige Untertöne zu hören, aber auch die Auseinandersetzung mit experimentellen Techniken, wie er sie etwa bei den Darmstädter Ferienkursen für Neue Musik erleben konnte. Seine Kompositionen waren enorm eingängig; viele der Inspirationen, von klassischer Musik über Ellington, Mingus und die Jahre, die er in Dakar, Senegal, verbrachte, erfuhren dabei immer eine spezifisch Wuchnerische Behandlung. Jürgen war ein überaus inspirierender Lehrer, der es verstand, jede/n zu ermutigen zum Instrument zu greifen und zu spielen. Er war überzeugt davon, dass gerade Jazzmusikerinnen und -musiker dazu in der Lage sind, die so unterschiedlichen Stimmen von Teilnehmer/innen in Workshopensembles als musikalisches Material zu begreifen und daraus spannende Musik zu schaffen. Die Abschlusskonzerte bei unseren jährlichen Jazz Conceptions gaben ihm immer wieder recht: Diese Momente, wenn Musiker/innen unterschiedlichster technischer Meisterschaft sich selbst übertrafen, erstaunten nicht nur das Publikum, sondern selbst die Dozent/innen der Workshopwoche.

Für Jürgen standen Jazz und improvisierte Musik immer auch für Respekt und ein zwischenmenschliches Verständnis, das weit über die Musik hinausging. Seine eigene Musik, sein Unterricht und seine generelle Haltung zu Kunst und Gesellschaft lebten dieses Verständnis vor. Jürgen Wuchner war eine Integrationsfigur, nicht nur für die Darmstädter Jazzszene, sondern weit darüber hinaus. Er genoss Ansehen und Respekt überall in der Stadt, bei seinen Fans genauso wie bei Menschen, die mit seiner Musik vielleicht weit weniger anfangen konnten. Er war authentisch mit jedem Wort, mit jeder Note, mit jedem Ton.

Wir sind unendlich traurig.

"Es gilt Abschied zu nehmen von einem der Großen der Darmstädter Jazzszene..."
Akustischer Nachruf auf den Hessischen Jazzpreisträger Jürgen Wuchner in der Sendung hr2 Kulturcafé am 4. Mai 2020.

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Verschobene Konzerte:

ursprünglich 8.5.2020
Eskelin / Weber / Griener
verschoben auf Freitag, 14. Mai 2021

Freitag, 15.5.2020
JazzTalk 139: Krisch / Höfler / Elgart feat. Lauren Newton
abgesagt, wird 2021 nachgeholt

ursprünglich 22.5.2020
Richard Koch Quartett
verschoben auf Freitag, 7. Mai 2021

In Planung:

Freitag, 12. Juni 2020
Sven Decker's JULI Quartet

Freitag, 21. August 2020
JazzTalk 141: Sebastian Gramss' Underkarl

Freitag, 4. September 2020
Klima Kalima

Freitag, 11. September 2020
JazzTalk 142: Eva Kruse Quintett

Freitag, 6. November 2020
CL Hübschs "Langfristige Entwicklung des Universums"

Das gesamte Programm im Jazzinstitut Darmstadt auch unter
www.jazzinstitut.de/jazz-im-institut

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