Jazz News
(aus dem Jazzinstitut Darmstadt)

25. Februar bis 10. März 2021 | Ausgabe 05/2021 (deutsch)

Wir lesen die Morgenzeitung für Sie!

Liebe Jazzfreunde,

Die Jazz News des Jazzinstituts versorgen Sie regelmäßig (zurzeit ca. alle zwei Wochen) mit Nachrichten, die wir aus der Online-Tagespresse für Sie zusammenfassen. Diese Rubrik wird auf unserer Website (www.jazzinstitut.de) täglich aktuell gehalten.

Wenn Sie an Literaturlisten zu den hier genannten Musikern interessiert sind, so finden Sie etliche auf unserer Jazz-Index-Website. Der Jazz-Index ist eine bibliographische Datenbank, die kostenlos im Jazzinstitut abrufbar ist. Kontaktieren Sie uns, wenn Sie ähnliche Auszüge zu noch nicht gelisteten Musikern wünschen.

Viel Vergnügen bei Ihrer Lektüre zum Jazz in der/n vergangenen Woche/n.

... in aller Kürze ...

Kate Snyder berichtet über Art Tatum Zone, eine Initiative, die das Haus, in dem der Pianist seine Kindheit in Toledo, Ohio, verbrachte, bewahren und als Museum zugänglich machen will (The Toledo Blade). --- Barbara Handel erinnert an die vielen Jazzlegenden mit Bezug zur Stadt Toledo, Ohio (The Toledo Blade). --- Christoph Irrgeher spricht mit dem österreichischen Pianisten David Helbock über das Loch, in das er während ersten Lockdowns fiel, das er aber erst beim zweiten Lockdown richtig merkte, wie sehr all das seine Arbeitsmöglichkeiten beschränkte, über Streamingkonzerte, die sich für das Publikum nicht "wie ein Begräbnis" anfühlen sollen, über den Unterschied der Situation für Musiker:innen in Österreich und Deutschland (wo Helbock eine Reihe an Kolleg:innen kennt, die sogar darüber nachdenken, die Musik ganz aufzugeben), sowie über ein Konzert, das er für den Mai mit dem Trompeter Médéric Collignon und der Sängerin Camille Bertault plant (Wiener Zeitung).

Brian McCollum spricht mit der Schlagzeugerin Terri Lyne Carrington darüber, dass sie sich als Frau immer ein wenig wie die Ausnahme im Musikgeschäft gefühlt habe, das es aber "eine Regel geben muss, wenn man die Ausnahme ist", über das Institute of Jazz and Gender Justice, das sie am Berklee College gründete und ihr Apprentice- und Mentorship-Programm mit der Initiative New Music America, über den Umgang mit der Pandemie als kreative Künstlerin, sowie über ihre Arbeit mit dem Carr Center in Detroit, für das sie als künstlerische Leiterin fungiert (Detroit Free Press). --- Mathias Mauersberger spricht mit der Schlagzeugerin Eva Klesse über den Wandel in Bezug auf Frauen und insbesondere Instrumentalistinnen in der Jazzwelt (Deutschlandfunk Kultur).

Lanre Bakare spricht mit dem Saxophonisten Archie Shepp darüber, dass die Art von Free Jazz, die er und andere in den 1960er Jahren spielten, im Publikum nicht nur Bewunderer fand, über den Wandel seiner Musik, die, wie er findet, über die Jahre "zugänglicher" geworden sei, darüber, dass der experimentelle Free Jazz, den er früher spielte, "genau das Publikum, mit dem er eigentlich eine Verbindung herstellen wollte, abschreckte, nämlich schwarze Menschen", über den Stand der Dinge in den heutigen Vereinigten Staaten, sowie darüber, dass er sich als eine Art "Opfer" ansieht, das nur noch protestieren kann, damit "die Gesellschaft die Ungerechtigkeit endlich erkennt, die wir erfahren haben" (The Guardian). --- David Medina berichtet über den Saxophonisten Charlie Parker, der einen  Stern auf dem Hollywood Walk of Fame erhalten soll (KSHB Kansas City).

Molly MacGilbert spricht mit dem Pianisten und Komponisten Ezra Weiss über einen typischen Tag für ihn während der Pandemie, über Online-Unterricht sowie über einige der Dinge, mit denen er sich in seinem Arbeitszimmer umgibt (Williamette Week). --- Dan White spricht mit dem Jazzforscher und Autor Eric Porter über die Komplexität von Improvisation, über seinen eigenen Weg zum Jazz, über einige seiner Veröffentlichungen sowie über Jazzimprovisation als "'Resilienz'-Musik, weil Jazzmusiker Kunst im Angesicht von Vorurteilen machten und weil das politische Bewusstsein Teil der Musik selbst" sei (UCSC News).

Jon Garelick spricht mit der Komponistin Maria Schneider über ihr jüngstes Album "Data Lords", über eine Residenz, zu der sie am New England Conservatory eingeladen ist, einschließlich Coronatests und Social-Distancing-Regeln, über ihren Kampf für Künstler:innenrechte, für die sie sogar vor dem amerikanischen Kongress in einer Anhörung über das Recht am geistigen Eigentum und digitale Rechte aussagte, sowie über ihre lange Zusammenarbeit mit der Crowd-Funding-Plattform ArtistShare, auf der ihre Alben bereits seit 2004 erscheinen (The Boston Globe). --- Spencer Norris berichtet über die Auswirkungen der Pandemie auf Jobs in der New Yorker Kunst- und Kulturszene (Bloomberg).

Jay Shefsky spricht mit dem Pianisten Erwin Helfer, der eine durch die Pandemie ausgelöste Depression durchmachte, die er erst mit Hilfe von Elektrokrampftherapie hinter sich brachte (WTTW). --- Noah Sheidlower und Sam Hyman sprechen mit mehreren Dozent:innen der Columbia University darüber, wie deren Jazzangebot die Nachbarschaft der Hochschule bereichert habe und wie sie auch weiterhin anstrebten, mit ihrer Arbeit Bezug auf die lange Geschichte und die lebendige Kulturszene Harlems zu nehmen (Columbia Spectator).

John Murph spricht mit Kenneth Gamble, Leon Huff und Thom Bell über das Label Philadelphia International Records, das vor 50 Jahren gegründet wurde und die Geschichte des Philly Soul der 1970er entscheidend mit prägte (Tidal). --- Marika Lapauri-Burk hört sich Tondokumente des Jazz in der Sowjetunion aus den 1920er bis 1940er Jahren an (Deutschlandfunk Kultur).

Der Saxophonist Neil Sarfati erinnert sich daran, wie er in den frühen 1970er Jahren Mitglied von Scientology wurde und auf einem der Sea Org-Schiffe der Sekte reiste, wo er schließlich eine Band gründete, die Apollo Stars, die sogar ein vom Scientology-Gründer L. Ron Hubbard produziertes Album aufnahm (The Guardian). --- Die Chicago Tribune veröffentlicht eine Fotoauswahl aus dem legendären Club Mister Kelly's, in dem zwischen 1953 und 1975 namhafte Jazz- und Blueskünstler auftraten (Chicago Tribune).

Andrian Kreye besucht eine virtuelle Diskussionsrunde, bei der Angela Davis, Terri Lyne Carrington, Rhiannon Giddens und Nate Chinen über das Thema "jazz and race" sprechen sowie über die Marginalisierung von Frauen und queeren Menschen in der Musik (Süddeutsche Zeitung). Das Panel selbst ist auf der Website von SFJazz zu sehen (SFJazz). --- Julia Brinkmann spricht mit der Saxophonistin Gabriele Maurer über ihre Liebe zum Jazz, über den Alltagsrassismus, den sie als schwarze Deutsche erfährt, sowie über die Notwendigkeit, dass sich noch mehr Menschen in Deutschland mit dem Thema Rassismus im eigenen Land befassen (Mannheimer Morgen). --- Julius Geiler berichtet über einen Fall von Polizeigewalt in Berlin, bei dem der Saxophonist und Straßenmusiker Mike Basden ein gebrochenes Bein erlitt (Der Tagesspiegel).

Peter Crimmins berichtet über das Hauptquartier des Sun Ra Arkestra in Philadelphia, einem Haus, in dem der 96-jährige Saxophonist Marshall Allen nach wie vor lebt und arbeitet, das aber zu großen Teilen baufällig ist, und über Pläne zur Restaurierung des Gebäudes (WHYY). --- Das Gebäude neben dem John Coltrane House in Philadelphia hat einen Antrag auf Abriss gestellt (Fox29 Philadelphia). Daniel King bestätigt, dass der Abriss das Coltrane-Haus allerdings nicht beeinträchtigen wird (Mother Jones).

Kiana Burks erinnert an den Posaunisten, elektrischen Gitarristen und Arrangeur Eddie Durham, dessen Tochter gerade eine Biographie über ihren Vater veröffentlicht hat (University Star). --- Anthony Tommasini erinnert an den Pianisten Thomas Wiggins, besser bekannt als "Blind Tom", der als Sklave geboren wurde, ein weithin gefeierter Klaviervirtuose und Komponist wurde, dessen Musik man, wie Pianist Jeremy Denk meint, als "Moderne vor ihrer Zeit" beschreiben könne (New York Times).

Fred Kaplan spricht mit dem Pianisten Dan Tepfer über ein Computerprogramm, das ihm erlaubt mit Musikern in anderen Städten zusammen zu spielen, über die Probleme der Klangverzögerung, die bei den meisten Plattformen dieser Art vorhanden sind und sie "vielleicht für Gespräche geeignet machen, aber wertlos für Musik", sowie über eine Reihe an Online-Konzerten, die er auf diese Weise gegeben hat, darunter eine Trio-Session, die eine Weile gebraucht habe aufzubauen, dann aber eine Version von "Solar" hervorgebracht habe, bei der alle "lebhaft, eng beisammen und doch völlig locker" gewesen seien (The New Yorker). --- Reinhard Köchl spricht mit dem Gitarristen Pat Metheny über die Pandemie, darüber, dass er nie viel geübt habe, über den Wandel in seinem Ansatz an die Musik und über seinen aktuellen Fokus aufs Komponieren, über Genrebenennungen, die er eher für politische denn für musikalische Bezeichungen hält, über die neue Erfahrung bei seinem jüngsten Album "Road to the Sun", nämlich Musik zu schreiben, die von anderen interpretiert wird, sowie über die 42-saitige Pikasso-Gitarre, die er auf dem "Bonustrack" desselben Albums spielt (Augsburger Allgemeine, Die Zeit).

Lexis Olivier Ray schaut sich die Online-Dokumentation "Time Decorated" an, die den Künstler Jean-Michel Basquiat als "Verbindung zwischen den Welten von Bebop und HipHop" darstellt (Hyperallergic). --- Karl Lippegaus spricht aus Anlass seines 80sten Geburtstags mit dem Saxophonisten Peter Brötzmann (Deutschlandfunk [Die Sendung kann noch bis zum 11. März nachgehört werden]). --- Fritz Steger erinnert an den Jazzclub "Roter Punkt" in Freiburg, der zwischen 1972 und 1988 bestand (Badische Zeitung). --- Der Metallica-Schlagzeuger Lars Ulrich erklärt, wie es kam, dass kein Geringerer als der Saxophonist Dexter Gordon sein Patenonkel wurde (Ultimate Guitar). --- Graeme Strachan erinnert an den britischen Trompeter Jimmy Deuchar (The Courier). --- Keith Spera spricht dem Klarinettisten Michael White über seine Kompositionsleidenschaft während der Pandemie, die er jetzt für einen Auftritt im Club Snug Harbor unterbricht (New Orleans Times-Picayune).

Nachrufe

Wir erfuhren vom Ableben des Dichters Lawrence Ferlinghetti im Alter von 101 Jahren (New York Times, Neue Zürcher Zeitung), der Sängerin Gail Wynters im Alter von 79 Jahren (The Daily Independent), des Pianisten Deems Tsutakawa im Alter von 69 Jahren (The Seattle Times), des Schlagzeugers Ralph Peterson im Alter von 58 Jahren (NPR, New York Times, The Boston Globe), des Bassisten Miles Jackson im Alter von 65 Jahren (Honolulu Star Advertiser), des Saxophonisten Stefan von Dobrzynski im Alter von 92 Jahren (Kieler Nachrichten), des (Reggae)-Sängers Bunny Wailer im Alter von 73 Jahren (The Blue Moment, New York Times), des britischen Posaunisten Chris Barber im Alter von 90 Jahren (The Guardian), des Schlagzeugers Duffy Jackson im Alter von 67 Jahren (WBGO), des britischen Gitarristen John Russell im Alter von 66 Jahren (The Guardian), des Saxophonisten Sal Spicola im Alter von 72 Jahren (Allegro), des Kongolesischen Sängers Josky Kiambukuta im Alter von 72 Jahren (The East African), des Saxophonisten Mark Whitecage im Alter von 83 Jahren (Facebook), der britischen Sängerin Jean Darke im Alter von 88 Jahren (Oxford Mail), sowie des Trompeters Gerd Wolff im Alter von 87 Jahren (Die Rheinpfalz).

Aus der Welt der Jazzforschung

50 Jahre Institut für Jazzforschung – Call for Papers
Das Institut für Jazzforschung an der Kunstuniversität Graz wurde vor 50 Jahren gegründet, und unsere Kolleg:innen feiern, wie es sich gehört: mit einer Konferenz über den Wandel der Jazzforschung, über das sich wandelnde Verständnis der Grenzen des Jazz, über Jazz- und Genderforschung, sowie über die Orte, an denen Jazz gemacht und erlebt wird. Die Konferenz ist für den Zeitraum vom 18. bis 21. November 2021 geplant; ein Call for Papers bittet um Referatsvorschläge bis zum 15. Mai 2021. Mehr: Jazzforschung Graz).

SwissJazzORama
Nicola Wittwer berichtet über Pläne das Schweizer Jazzarchiv Swissjazzorama in die Zürcher Hochschule der Künste zu integrieren (Nau).

Tulane Jazz Archive
Die Tulane University hat bekannt gegeben, dass ihr Jazzarchiv, das bislang unter dem Namen Hogan Jazz Archive lief, ab jetzt Hogan Archive of New Orleans Music and New Orleans Jazz heißt, um das breite Spektrum dessen zu benennen, was hier dokumentiert wird, nämlich auch "den zeitgenössischen Jazz, Rhythm and Blues, Funk, HipHop und Rock des ausgehenden 20sten und frühen 21sten Jahrhunderts in New Orleans und Umgebung sowie die Industrie und Kultur, die diese Künstler hervorbringt und unterstützt" (Tulane University).

Letzte Woche im Jazzinstitut

Neue Bücher, die wir gelesen haben
Unter den Büchern, die wir in den vergangenen Wochen lasen, war: "Stratusphunk. The Life and Works of George Russell", von Duncan Heining (siehe die Rubrik "Neue Bücher" auf der Website des Jazzinstituts).

Clickin' with Clax
1960er reiste der Autor Joachim Ernst Berendt durch die USA, um Geschichten für einen Bildband für den Burda-Verlag zu sammeln. Begleitet wurde er vom Fotografen William Claxton, und das aus der Reise resultierende Buch "Jazz Life" war eine großartige Dokumentation der verschiedenen lokalen Szenen, die die beiden besuchten. Claxtons Bilder, viele von ihnen nie publiziert, überlebten im Archiv des Jazzinstituts Darmstadt und wurden in den frühen 2000er Jahren persönlich an Claxton zurückgegeben, der sie für eine erweiterte Neuausgabe von "Jazz Life" im Taschen-Verlag benutzte. Als er seine Originaldrucke zurückerhielt, willigte Claxton ein, dass das Jazzinstitut Abzüge dieser Fotos für eigene Zwecke in Publikationen oder bei Ausstellungen nutzen dürfe. Jetzt hat Doris Schröder aus diesen eine Ausstellung kuratiert, die in der Galerie des Jazzinstituts zu sehen ist. Die Ausstellungseröffnung war ursprünglich bereits für Januar geplant, aber erst jetzt können wir mit der langsamen Öffnung des Lockdown die ersten Besucher willkommen heißen, einzeln bzw. Hausstand für Hausstand. Die Ausstellung wird durch einen QR-Code-Guide begleitet, den die Besucher mit ihrem eigenen Smartphone nutzen können (Jazzinstitut Darmstadt).

Aktuelle Öffnungszeiten des Jazzinstituts
Das Archiv des Jazzinstituts ist wieder für die Öffentlichkeit zugänglich, wenn auch nur nach Anmeldung. Wir vergeben Recherche-Slots mit genauen zeitlichen Vorgaben für jeweils immer nur eine/n Besucher/in zur Zeit. Daneben können Sie uns weiterhin per Telefon, E-Mail oder Video-Call erreichen. Sollten Sie einen Video-Call wünschen, bitten wir Sie, dafür per e-mail einen Termin abzumachen und uns dabei bereits mitzuteilen, worum es in dem Gespräch gehen soll. Wir werden Ihnen dann einen Link für eine Webex Videosession für unser Treffen zusenden.

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