Jazz News
(aus dem Jazzinstitut Darmstadt)

23. September bis 6. Oktober 2021 | Ausgabe 18/2021 (deutsch)

Wir lesen die Morgenzeitung für Sie!

Liebe Jazzfreunde,

Die Jazz News des Jazzinstituts versorgen Sie regelmäßig (zurzeit ca. alle zwei Wochen) mit Nachrichten, die wir aus der Online-Tagespresse für Sie zusammenfassen. Diese Rubrik wird auf unserer Website (www.jazzinstitut.de) täglich aktuell gehalten.

Wenn Sie an Literaturlisten zu den hier genannten Musiker:innen interessiert sind, so finden Sie etliche auf unserer Jazz-Index-Website. Der Jazz-Index ist eine bibliographische Datenbank, die kostenlos im Jazzinstitut abrufbar ist. Kontaktieren Sie uns, wenn Sie ähnliche Auszüge zu noch nicht gelisteten Musiker:innen wünschen.

Viel Vergnügen bei Ihrer Lektüre zum Jazz in der/n vergangenen Woche/n.

... in aller Kürze ...

Sebastian Smee berichtet über eine Retrospektive im Colby Museum of Art in Waterville, Maine, bei der die Arbeit von Bob Thompson im Mittelpunkt steht, einen vom Jazz beeinflussten Mailer und Freund Ornette Colemans, der 1966 im Alter von nur 28 Jahren starb (Washington Post). --- Larry Blumenfeld spricht mit der Bassistin und Sängerin Esperanza Spalding über ihr jüngstes Projekt, Songwrights Apothecary Lab, über die heilende Kraft der Musik, sowie über den Einfluss der Pandemie auf ihre Arbeit (Tidal).

Ulrich Habersetzer trifft den klassischen Pianisten Igor Levit bei einem Konzert Fred Herschs in München und spricht mit ihm darüber, was er von Hersch gelernt habe und wie er diese Lektionen auf seine Interpretation des klassischen Repertoires überträgt (BR-Klassik). --- John Katsilometes spricht mit der Sängerin Michelle Johnson (Las Vegas Review-Journal). --- Matthew Allen spricht mit dem Pianisten Kris Bowers darüber, wie Aretha Franklin seine Karriere beeinflusst hat (Yahoo News).

Marcus J. Moore spricht mit der Poetin Camae Ayewa aka Moor Mother über die verschiedenen Settings, in denen sie auf der Bühne steht, mit Jazz, HipHop, Spoken-Word Poetry, Punk, Electro, über ihren eigenen Weg in die Musik, über das Album "Irreversible Entanglements" aus dem Jahr 2015, "ein streitlustiges Free-Jazz-Set, das Polizeigewalt genauso thematisiert wie Rassismus, Kapitalismus und Politik", sowie über einige ihrer aktuellen Projekte (New York Times). --- Marc Myers spricht mit Lorraine Feather, der Sängerin, Textschreiberin und Tochter des Jazzkritikers Leonard Feather (JazzWax).

Zachary Woolfe spricht mit dem Trompeter und Komponisten Terence Blanchard, dessen Oper "Fire Shut Up in My Bones" das New Yorker Metropolitan Opera House wiedereröffnen wird, nachdem es anderthalb Jahre geschlossen blieb, die erste Oper eines schwarzen Komponisten, die dort jemals aufgeführt wurde. Blanchard weist auf frühere Komponisten hin, William Grant Still und andere, die ihre Werke durchaus eingereicht hatten, aber nie eine Zusage erhielten, und er erinnert sich, wie ihn der Direktor der Met nach der Premiere seiner Oper in St. Louis anrief, zu einer Zeit, "als niemand daran dachte, dass dieses Stück die Saison eröffnen würde, geschweige denn nach der längsten Schließung in der Geschichte des Hauses". Blanchard erzählt, dass Opern in seinem Elternhaus oft gehört wurden, und Woolfe spricht schließlich mit einigen der künstlerischen Partner Blanchards an der Met, dem Ko-Regisseur, dem musikalischen Leiter, dem Lead-Bariton, sowie mit dem Komponisten Anthony Davis, dessen eigene Oper "X" im Herbst 2023 ihre Met-Premiere erfahren wird (New York Times). --- Giovanni Russonello listet einige der wichtigsten Alben Terence Blanchards auf (New York Times).

Der Bird's Eye Jazz Club in Basel musste schließen, weil er die Coronaregeln der Stadt missachtete (Badische Zeitung). --- Ted Gioia reflektiert über die Aufgaben des Musikkritikers (The Honest Broker). --- Ashawnta Jackson erinnert an die Musikwissenschaftlerin Eileen Southern (JStor Daily).

Michael J. West spricht mit dem Saxophonisten Henry Threadgill (Daily Bandcamp). --- Aus Anlass des 30sten Todestages von Miles Davis schreibt Björn Heile über Davis' elektrische Phase (The Conversation), während Sebastian Schreiber derselbe Anlass auf Parallelen zwischen dem Jazz und dem Börsenhandel bringt (Tagesschau). --- Jan Paersch spricht mit Esther Weickel, einer der Veranstalter:innen der Leipziger Jazztage (die tageszeitung).

Diane Fannon-Langton erinnert an die Besuche Louis Armstrongs im Staate Iowa von den 1920er bis in die 1960er Jahre (The Gazette). --- Chris Farnsworth spricht mit dem Saxophonisten Marty Fogel (Seven Days). --- Andrew Gilbert spricht mit dem Saxophonisten Joshua Redman (Berkeleyside). --- Jacob Farr spricht mit dem schottischen Trompeter Sean Gibbs (Edinburgh Live).

Nachrufe

Wir erfuhren vom Ableben des Schlagzeugers Colin Bailey im Alter von 87 Jahren (VC Star), des Saxophonisten Pee Wee Ellis im Alter von 80 Jahren (Rolling Stone, Frankfurter Allgemeine Zeitung, New York Times, The Guardian) des Schweizer Gitarristen und Sängers Cla Nett im Alter von 64 Jahren (Tagblatt), der Journalistin Pamela Espeland im Alter von 70 Jahren (MPR News), des polnischen Geigers Maciej Strzelczyk im Alter von 62 Jahren (TVP Lodz), des Organisten Dr. Lonnie Smith im Alter von 79 Jahren (NPR, New York Times), der Schlagzeugerin Dottie Dodgion im Alter von 91 Jahren (The New Yorker), des Pianisten Mike Renzi im Alter von 80 Jahren (Broadway World, Jazz Times), des schwedischen Saxophonisten Lennart Åberg im Alter von 79 Jahren (SVT Nyheter), des Saxophonisten Carlton Ayles im Alter von 77 Jahren (Richmond Free Press), sowie der Sängerin Ruth Cameron Haden im Alter von 74 Jahren (Symphonic Jazz Orchestra).

Letzte Woche im Jazzinstitut

17. Darmstädter Jazzforum
Das Darmstädter Jazzforum ist am vergangenen Wochenende mit großem Erfolg vor einem lebhaft mitdiskutierendem Live- sowie einem großen Online-Publikum zu Ende gegangen. Die Referate und Panels erkundeten dabei das Thema der Tagung, "Wie offen ist der Jazz?", aus sehr unterschiedlichen Perspektiven.

Am Donnerstag etwa untersuchten wir, wie kulturelle Identität geformt und deren Wahrnehmung beeinflusst wird. Philip Teriete sprach über die Lehrpläne an den Historically Black Colleges in den USA. Anna-Lise Malmros diskutierte Aspekte im Leben und Schaffen des dänisch-senegalesischen Saxophonisten John Tchicai. Schließlich erzählten drei Musiker:innen mit – wie man es so oft nennt – Migrationshintergrund (Gabriele Maurer, Simin Tander, Reza Askari), wie ihre eigene Geschichte ihre Musik beeinflusst.
(Stream des Konferenztages am Donnerstag auf YouTube)

Am Freitagmorgen sprachen wir über kulturelle Aneignung und nationales Selbstverständnis. Philipp Schmickl stellte das Beispiel des Trompeter Clifford Thornton vor, dessen Weltsicht großen Einfluss auf den österreichischen Konzertveranstalter Hans Falb hatte. Adam Havas erklärte, wie der Jazz in Ungarn sehr bewusst auf kulturelle Praktiken ungarischer Roma-Musiker zurückgriff. Der Schweizer Festivalgründer und Grafiker Niklaus Troxler sprach über seine Anfänge im Musikgeschäft und darüber, wie seine Konzertplakate immer auch seine musikalischen Erlebnisse widerspiegeln. Am Nachmittag diskutierte Harald Kisiedu afro-diasporische Einflüsse auf den europäischen Free Jazz und sprach über kulturelle creolization. Timo Vollbrecht untersuchte Fälle von "social othering" und Exotisierung von Musiker:innen und diskutierte Strategien, mehr gesellschaftliche Gerechtigkeit in der Musik-Community zu erreichen, während Stephan Meinberg den strukturellen Rassismus auch hierzulande mit weitgehenderen globalen Fragen verband. Im Panel diskutierten Joana Tischkau, Frieder Blume, Kornelia Vossebein und Jean-Paul Bourelly darüber, was es wohl brauche, um einen Bewusstseinswandel in der Musikszene zu bewirken und zu einer anderen Repräsentation von Musiker:innen auf der Bühne beizutragen.
(Stream des Konferenztages am Freitag auf
YouTube).

Den Samstag begannen wir mit zwei konkreten Beispielen: Nico Thom stellte den US-deutschen Schlagersänger Bill Ramsey vor, der sich selbst lieber als Blues- und Jazzsänger sah und als "Mann mit der schwarzen Stimme" vermarktet wurde. Peter Kemper analysierte Aussagen der Saxophonisten Heinz Sauer und Archie Shepp über die Auswirkungen eines gemeinsamen Konzerts im Jahr 1978. Vincent Bababoutilabo brachte uns zurück zum Thema Rassismus in Gesellschaft wie Musik, wobei er betonte, wie wichtig es sei, schon in der Musikpädagogik rassismuskritische Perspektiven zu vermitteln. Der Nachmittag begann mit Sanne Lötzsch und Jo Wespel, die ihr Konzept eines fundamental-alternativen, queerfeministischen, intersektionalalen, antirassistischen und interdisziplinären Festivals vorstellten. Luise Volkmann sprach über die Bedeutung von Ritual und Community und führte dann ein On-Stage-Gespräch mit Ella O'Brien-Coker über Erfahrungen mit Rassismus. Ein letztes Panel brachte Konzertveranstalterinnen wie Constanze Schliebs und Sylvia Freydank sowie Therese Hueber vom Goethe-Institut zusammen, die darüber diskutierten, was eigentlich passiert, wenn Musiker:innen aus Deutschland im Ausland auftreten, und wie reisende Künstler:innen dabei helfen können Perspektiven zu weiten – in welche Richtung auch immer.
(Stream des Konferenztages am Samstag auf YouTube).

Am Freitagabend erhielt die Saxophonistin Luise Volkmann den Kathrin-Preis und spielte danach mit der neuesten Ausgabe ihres LEONEsauvage Ensembles.
(Stream des Konzerts auf YouTube).

Die grundlegende Frage der Konferenz lautete: "Wie offen ist der Jazz?", und über die drei Tage lernten wir wohl alle von sehr verschiedenen Perspektiven auf das Thema und diskutierten Strategien, die Realität einer Szene weiter zu verbessern, damit sie noch mehr aktuellen gesellschaftliche Diskurse widerspiegelt. Die Ergebnisse des Jazzforums werden als Buch dokumentiert, das für den Frühsommer 202 geplant. Das nächste, dann 18. Darmstädter Jazzforum wird im Herbst 2023 stattfinden.

Niklaus Troxler: Jazzgeschichten in Rot und Blau
Gleich nach dem Jazzforum eröffneten wie die neueste Ausstellung in der Galerie im Jazzinstitut, die Plakate des Schweizer Grafikers und Konzertveranstalters Niklaus Troxler zeigt. Kommen Sie selbst und schauen Sie sich die Ausstellung während unserer regulären Öffnungszeiten an, stellen Sie aber sicher, sich vorab anzumelden (siehe unten).

Aktuelle Öffnungszeiten des Jazzinstituts
Das Archiv des Jazzinstituts ist für Besucher und Nutzer nur auf Anmeldung geöffnet. Dafür werden wir Recherche-Slots mit genauen zeitlichen Vorgaben für jeweils immer nur eine/n Besucher/in zur Zeit vergeben. Daneben können Sie uns weiterhin per Telefon, E-Mail oder Video-Call erreichen. Sollten Sie einen Video-Call wünschen, bitten wir Sie, dafür per e-mail einen Termin abzumachen und uns dabei bereits mitzuteilen, worum es in dem Gespräch gehen soll. Wir werden Ihnen dann einen Link für eine Webex Videosession für unser Treffen zusenden.

Unsubscribe   |   Manage your subscription   |   View online
facebook  youtube  soundcloud  instagram  vimeo 
Jazzinstitut Darmstadt
Bessunger Strasse 88d | 64285 Darmstadt | Germany
The Jazzinstitut is an institution of the City of Sciences Darmstadt | Das Jazzinstitut ist eine Einrichtung der Wissenschaftsstadt Darmstadt