Jazz News
(aus dem Jazzinstitut Darmstadt)

10. bis 23. Juni 2021 | Ausgabe 12/2021 (deutsch)

Wir lesen die Morgenzeitung für Sie!

Liebe Jazzfreunde,

Die Jazz News des Jazzinstituts versorgen Sie regelmäßig (zurzeit ca. alle zwei Wochen) mit Nachrichten, die wir aus der Online-Tagespresse für Sie zusammenfassen. Diese Rubrik wird auf unserer Website (www.jazzinstitut.de) täglich aktuell gehalten.

Wenn Sie an Literaturlisten zu den hier genannten Musiker:innen interessiert sind, so finden Sie etliche auf unserer Jazz-Index-Website. Der Jazz-Index ist eine bibliographische Datenbank, die kostenlos im Jazzinstitut abrufbar ist. Kontaktieren Sie uns, wenn Sie ähnliche Auszüge zu noch nicht gelisteten Musiker:innen wünschen.

Viel Vergnügen bei Ihrer Lektüre zum Jazz in der/n vergangenen Woche/n.

... in aller Kürze ...

Ulrich Stock besuchte die Feierlichkeiten zum 80sten Geburtstag der Pianistin Irène Schweizer. Er lauscht der Saxophonistin Co Streiff und dem Akkordeonisten Rüdiger Carl, er hört die Reden der Zürcher Stadtoberen und des Laudators Bert Noglik, und dann fasst er mithilfe eigener Artikel, die er seit 1989 über Schweizer verfasste, in einer Art Remix von Textblöcken und Erinnerungen die Karriere der Pianistin zusammen, um schließlich zur Feier in Zürich zurückzukehren, die wegen der Pandemie auf 50 Leute beschränkt war und damit endete, dass Irène Schweizer sich selbst kurz an den Flügel setzte (Die Zeit). --- Keith Spera berichtet über die Wiedereröffnung der Preservation Hall in New Orleans, mehr als 15 Monate, nachdem sie wegen der Pandemie schließen musste (New Orleans Times-Picayune).

Gordon McIntyre hört die 96-jährige Sängerin (und Pianistin) Eve Duke, die in den frühen 1950er Jahren unter dem Namen Yvonne Lanauze mit Duke Ellington tourte und aufnahm, und er erfährt, wie der Duke sie nach einem Vorspiel in Washington, D.C., engagierte und wie sie sich, nachdem die den Duke verlassen hatte, in Vancouver niederließ und den preisgekrönten Regisseur und Produzenten Daryl Duke heiratete (Vancouver Sun). --- David Skipwith spricht mit dem neuseeländischen Schlagzeuger Frank Gibson über seine inzwischen bald 70 andauernde Karriere im Jazz (Stuff).

Nate Chinen spricht mit dem Saxophonisten und Komponisten Anthony Braxton über ZIM Music – "sein letztes Strukturmodell auf seiner lebenslangen Suche nach Klarheit im Chaos", über Inspiration durch Walt Disney, darüber, dass seine Arbeit lange Zeit nicht als "schwarz genug" angesehen wurde, obwohl er selbst sie nie als Abkehr, sondern immer als Bestärkung von Tradition gesehen hat (NPR). --- Rick Horner spricht mit dem Vibraphonisten Harry Wilson über Tourneen mit Sun Ra, über den Einfluss Milt Jacksons sowie darüber, wie er mit der Pandemie umging (Potomac Local News).

Thomas Lindemann spricht mit dem Pianisten Michael Wollny und dem Bassisten Tim Lefebvre über ihr jüngstes Album "XXXX" mit dem Saxophonisten Émile Parisien und dem Schlagzeuger Christian Lillinger, das, wie Wollny erklärt, den Musikern größte Freiheiten bot, zugleich auf Inspirationen aus Krautrock und Ibiza Techno zurückgreift, und sich stellenweise wie ein Videospiel angefühlt habe, bei dem die Spieler laufend neue Regeln begreifen, neue Türen oder einen Schatz entdecken müssen (Frankfurter Allgemeine Zeitung). --- Die Hansestadt Hamburg besitzt eine neue Konzerthalle, die als Teil der Jazzabteilung an der Hamburger Musikhochschule einfach unter "Jazz Hall" firmiert. In einem Trailer zur Eröffnung hören wir vom Vizekanzler (früheren Bürgermeister und Kanzlerkandidaten) Olaf Scholz, vom Stifter Ernst A. Langner, vom Hochschulpräsidenten Elmar Lampson, vom Posaunisten Nils Landgren, sowie vom Leiter der Jazzabteilung Wolf Kerschek (NDR).

Ken Eisner spricht mit der Pianistin Helen Sung über ein neues Projekt, in dem sie die Musik des Bebop-Pioniers Bud Powell feiert, über ihre Erfahrungen als Pädagogin, sowie darüber, wie die Pandemie alles verändert habe, sie aber zugleich Zeit gefunden habe sich zu überlegen, was sie eigentlich wirklich wolle (The Georgia Straight). --- Christian Weidner spricht mit dem Bassisten Robert Landfermann über ein Soloprojekt, auf das er sich während der Pandemie konzentriert hat, über seinen Weg zur Musik im Allgemeinen und zum Jazz im Besonderen, darüber, dass er sich als Teil der "golden generation" von Musiker:innen in Köln begreife, denen die kreative Community ihrer Stadt wichtig ist, sowie über sein Ziel in seiner Musik so etwas wie "Seelenfrieden" zu finden, um "mit mir selbst und meinem Leben klarzukommen" (Monheim Triennale).

Im Mai wurde die Straßenecke Broad und William Street in Newark, New Jersey, zu Ehren des Trompeters Woody Shaw in Woody Shaw Jr. Plaza umbenannt (Woody Shaw). --- Peter Wiest spricht mit der Sängerin Jutta Glaser (Rhein-Neckar-Zeitung). --- Wolfgang Sandner berichtet über den Pianisten Christof Sänger, der den Hessischen Jazzpreis 2021 erhalten wird (Frankfurter Allgemeine Zeitung).

Frank Heer spricht mit der Sängerin Lisa Simone, der Tochter der legendären Nina Simone (Neue Zürcher Zeitung). --- Manfred Papst spricht mit Christian Jott Jenny über seine Doppelrolle als Lokalpolitiker und Festivalpromoter in St. Moritz (Neue Zürcher Zeitung). --- Karl Lippegaus erinnert aus Anlass seines 100. Geburtstags an den Pianisten Erroll Garner (Deutschlandfunk), genauso wie Ernst Burger (Neue Musikzeitung, JazzZeitung) und John Edward Hasse (Wall Street Journal).

Philippe Henry spricht mit dem deutsch-französischen Bassisten Pascal Niggenkemper (Centre Presse Aveyron). --- Reinhard Köchl spricht mit dem Pianisten Vijay Iyer über sein jüngstes Album "Uneasy" und dessen Beziehungen zur US-amerikanischen Wirklichkeit (Augsburger Allgemeine Zeitung). --- Hans Hielscher hört sich sehr unterschiedliche Aufnahmen von George Gershwins "Summertime" im Jazz und darüber hinaus an (Der Spiegel).

In einer Reihe über Philadelphias lokale Jazzhelden spricht Suzanne Cloud mit dem Bassisten Tyrone Brown (WRTI), Shaun Brady mit dem Trompeter Alonzo Demetrius (WRTI) und Richard Conde mit dem Saxophonisten Yesseh Furaha-Ali (WRTI). --- Ted Gioia feiert den brasilianischen Multiinstrumentalisten Hermeto Pascoal aus Anlass seines 85sten Geburtstags (Culture Notes of an Honest Broker).

Nachrufe

Wir erfuhren vom Ableben der Veranstalterin Linda Smith im Alter von 72 Jahren (Morristown Daily Record), des Bassisten Al Doane im Alter von 82 Jahren (Press-Herald), des Schlagzeugers Christian Scheuber im Alter von 60 Jahren (Mannheimer Morgen, Jazz Pages), des japanischen Saxophonisten Nobuo Hara im Alter von 94 Jahren (Kyodo News), sowie des brasilianischen Posaunisten Raul de Souza im Alter von 86 Jahren (Süddeutsche Zeitung).

 

Korrektur: Peter Hollinger, über dessen Tod wir in der letzten Ausgabe unseres Newsletters  berichteten, wurde nur 67 Jahre alt, nicht 76. Er hatte sich offenbar das Leben genommen, nachdem ihm seine Kreuzberger Wohnung gekündigt worden war (Tip Berlin).

Aus der Welt der Jazzforschung

Louis Armstrong Interview von 1971
Ricky Riccardi, der Leiter des Forschungsarchivs im Louis Armstrong House Museum, hat ein Interview wiederveröffentlicht, das Louis Armstrong und seine Frau Lucille kurz vor dem Tod des Trompeters der Journalistin Miriam Sandford für die deutsche Illustrierte Jasmin gegeben hat. Riccardis Story enthält Scans der ursprünglichen deutsch-sprachigen Veröffentlichung sowie eine englische Übersetzung, die Sandford an Lucille geschickt hatte (Virtual Exhibits, Louis Armstrong House Museum).

Palm-Label
Pierre Crepon erzählt die Geschichte und veröffentlicht eine Playlist des Plattenlabels Palm, auf dem der französische Pianist Jef Gilson in den 1970er Jahren zahlreiche amerikanische und französische Free-Jazz-Musiker aufnahm, unter ihnen die Saxophonisten Byard Lancaster, Frank Lowe, David Ware, André Jaume und François Jeanneau, die Trompeter Baikida Carroll und Butch Morris, den Schlagzeuger Jacques Thollot und andere (The Wire Playlist).

Letzte Woche im Jazzinstitut

Neue Bücher, die wir gelesen haben
Zu den Büchern, die wir in den vergangenen Wochen lasen, gehörte: "The Many Faces of Harry Beckett", von John Thurlow (siehe die Rubrik "Neue Bücher" auf der Website des Jazzinstituts).

17. Darmstadt Jazzforum über "Roots | Heimat: Wie offen ist der Jazz?"
Wir haben kleine Änderungen ins Programm des 17. Darmstädter Jazzforums eingepflegt, unserer Konferenz Ende September, Anfang Oktober, die sich mit Fragen nach Identität und Repräsentation im Jazz befassen und danach fragen wird, wie diese sich zu aktuellen gesellschaftlichen Diskursen hierzulande verhalten. Finden Sie auf unserer Website mehr heraus, über die Referent:innen und Panelist:innen, über die konkreten Themen, um die es beim 17. Darmstädter Jazzforum geht und mehr (Roots | Heimat). Das Jazzforum ist als Präsenzveranstaltung geplant; wir wollen allerdings zugleich hybrid vorgehen und die Tagung auch als Livestream übertragen.

Africa! Back to the Roots?
Die jüngste Ausgabe der Mainzer Jazzgespräche war ursprünglich für Mai 2020 geplant gewesen, dann aber mehrmals verschoben worden. Letzte Woche fand das Mainzer Jazzgespräch, eine Kooperation des Jazzinstituts mit der Jazzabteilung der Musikhochschule Mainz, dann in verkürzter, dafür als Livestream dokumentierter Form statt. Zu Gast waren der aus Gambia stammende Koraspieler, Sänger und Griot Aziz Kuyateh, der Pianist Hans Lüdemann und der in Mainz tätige Ethnologe Hauke Dorsch, die über den Einfluss afrikanischer Traditionen auf den heutigen Jazz diskutierten, über die Bedeutung von "Jazz" in verschiedenen Teilen des afrikanischen Kontinents, sowie über die Inspiration, die aus der Begegnung unterschiedlicher kultureller Welten entstehen kann. Aziz Kuyateh und Hans Lüdemann waren auch als Musiker zu hören, solistisch sowie zusammen. Eigentlich als reiner Livestream geplant, erfuhren wir wenige Tage vor der Veranstaltung, dass ein kleines getestetes Publikum zugelassen war. Der Livestream ist auch weiterhin auf dem YouTube-Kanal der Mainzer Musikhochschule nachzusehen (Mainz YouTube)

Jazz.ru
Cyril Moshkow, der Herausgeber des russischen Magazines "Jazz.ru", ließ uns digitale Exemplare nahezu aller Ausgaben des Heftes zukommen, die jetzt Teil des weiter wachsenden digitalen Archivs des Jazzinstituts sind. Sie sind nicht online abrufbar, aber ihre digitale Präsenz macht es Forscher:innen vor Ort leichter, in ihnen zu recherchieren. Den kompletten Bestand an Fachmagazinen zum Jazz finden Sie übrigens auf unserer Website.

Jürgen Wuchner Memorial / Darmstädter Jazz Conceptions
Jürgen Wuchner, ein fester und ruhiger Anker der Jazzszene unserer Stadt, verstarb vor mehr als 13 Monaten am 1. Mai 2020. Jetzt hat die Frankfurter Romanfabrik ein Memorial-Konzert organisiert, für das einige von Jürgens engsten Freunden und Kollegen zusammen kamen, der Pianist Uli Partheil, der Saxophonist Wollie Kaiser, der Trompeter Daniel Schmitz, der Schlagzeuger Bülent Ates, und am Kontrabass Dieter Manderscheid. Das Quintett spielte zahlreiche von Jürgens charakteristischen Kompositionen; der Abend vor einem kleinen und getesteten Publikum wurde im Livestream übertragen und ist nach wie vor online zu sehen (Romanfabrik YouTube). Stefan Michalzik fasst zusammen: "Kein Abend der ausufernden Soli. Auf bezwingende Weise wurde ganz auf der Linie von Wuchners strukturbewusstem, anti-expressiven Denken musiziert" (Frankfurter Rundschau).

Wuchner war nicht nur ein brillanter Bassist und ein Komponist komplexer, aber zugleich eingängiger Stücke, sondern auch ein inspirierender Pädagoge. 1992 gründete er die Darmstädter Jazz Conceptions, einen Workshop, den er bis zu seinem Tod zusammen mit dem Kulturzentrum Bessunger Knabenschule und dem Jazzinstitut durchführte. Bei seinem Tod hatte er bereits die Kurse für 2020 geplant, die dann der Pandemie zum Opfer fielen. Jetzt aber blicken wir wieder nach vorne: Unter der künstlerischen Leitung des Pianisten Uli Partheil wird die 2021er-Ausgabe der Jazz Conceptions kleiner ausfallen, aber wie gewohnt in abendlichen Openair-Sessions die Musik auch in die Stadt hineintragen. Neben Partheil sind die Lehrer dieses Jahrgangs der Saxophonist Peter Back, die Bassistin Maike Hilbig, der Trompeter Stephan Meinberg sowie der Schlagzeuger Axel Pape. Der Workshop ist bereits ausgebucht; sollten Sie bei einer der abendlichen Sessions zwischen dem 19 und dem 24. Juli vorbeischauen wollen, checken Sie vorab möglichst die Coronaregeln der jeweiligen Spielorte ab (Darmstadt Jazz Conceptions).

Louis Armstrong
Wolfram Knauers neue Louis Armstrong-Biographie ist ab heute im Buchhandel erhältlich (Reclam). Eine Playlist der Aufnahmen, die im Buch diskutiert werden, steht auf der Website des Verlags zum Download bereit, oder aber direkt hier.

Aktuelle Öffnungszeiten des Jazzinstituts
Das Archiv des Jazzinstituts ist für Besucher und Nutzer nur auf Anmeldung geöffnet. Dafür werden wir Recherche-Slots mit genauen zeitlichen Vorgaben für jeweils immer nur eine/n Besucher/in zur Zeit vergeben. Daneben können Sie uns weiterhin per Telefon, E-Mail oder Video-Call erreichen. Sollten Sie einen Video-Call wünschen, bitten wir Sie, dafür per e-mail einen Termin abzumachen und uns dabei bereits mitzuteilen, worum es in dem Gespräch gehen soll. Wir werden Ihnen dann einen Link für eine Webex Videosession für unser Treffen zusenden.

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