(aus dem Jazzinstitut Darmstadt)
7. bis 20. Juli 2022 | Ausgabe 13/2022 (deutsch)

Wir lesen die Morgenzeitung für Sie!

Liebe Jazzfreunde,

Die Jazz News des Jazzinstituts versorgen Sie regelmäßig (zurzeit ca. alle zwei Wochen) mit Nachrichten, die wir aus der Online-Tagespresse für Sie zusammenfassen. Diese Rubrik wird auf unserer Website (www.jazzinstitut.de) täglich aktuell gehalten.

Wenn Sie an Literaturlisten zu den hier genannten Musiker:innen interessiert sind, so finden Sie etliche auf unserer Jazz-Index-Website. Der Jazz-Index ist eine bibliographische Datenbank, die kostenlos im Jazzinstitut abrufbar ist. Kontaktieren Sie uns, wenn Sie ähnliche Auszüge zu noch nicht gelisteten Musiker:innen wünschen.

Viel Vergnügen bei Ihrer Lektüre zum Jazz in der/n vergangenen Woche/n.

... in aller Kürze ...

Timothy Cox erinnert sich an das schwarze Pittsburgh, Pennsylvania, in den 1960er und 1970er Jahren, das von Nachtleben, Tanz und kleinen Bars geprägt war. Unter ihnen hebt er besonders den Jazzclub Zebra Room, das Fox's und die Mancini's Lounge hervor (Pittsburgh Post-Gazette). --- Elysa Gardner spricht mit dem Pianisten und Sänger Michael Feinstein über den Umzug seiner regelmäßigen Show vom 54 Below ins Café Carlyle in New York (New York Times). 

Duante Beddingfield spricht mit dem Saxophonisten Alex Harding über den Wechsel vom Tenor- zum Baritonsaxophon in der High School, um Platz für den Tenoristen James Carter zu schaffen, darüber, wie er es auf der New Yorker Szene schaffte, aber 2015 in seine Heimatstadt Detroit zurückkehrte, sowie über die Ästhetik seiner aktuellen Band: "Es muss swingen und es muss voller Soul sein!" (Detroit Free Press). --- Lisa Abend berichtet über ein Jazzcamp nur für Mädchen, das in 11 Städten in ganz Dänemark stattfindet, und über die Hoffnung der Organisator:innen, Mädchen zu ermutigen, (a) ein Instrument zu spielen, das sie noch nie ausprobiert haben, und (b) zu improvisieren. Sie erfährt, dass diese Idee auch in Finnland, Polen und Schweden aufgegriffen wurde, und spricht mit Agnete Seerup, der stellvertretenden Direktorin von JazzDanmark, darüber, dass es noch einige Zeit dauern mag, bis ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den Geschlechtern im Jazz erreicht wird, und wie die Bildung starker Beziehungen zwischen Mädchen dabei helfen kann, weil nämlich "private Netzwerke im Jazz wirklich wichtig sind" (New York Times).

Anlässlich seines 85. Geburtstags spricht Franpi Barreaux mit dem britischen Pianisten und Komponisten Mike Westbrook über schöne Erinnerungen an seine lange Karriere, über einige der Musiker, mit denen er regelmäßig zusammenarbeitete, darüber, dass er Auftritte sowohl als theatralische wie auch als musikalische Erlebnisse betrachtet, über die aktuelle britische Jazzszene, über seine langjährige Zusammenarbeit mit seiner Frau, der Sängerin Kate Westbrook, über den Einfluss von Duke Ellington sowie einiger klassischer Komponisten, über die Arbeit mit Material der Beatles, über seine Herangehensweise beim Schreiben von Solowerken, Werken für großes Orchester oder Blaskapellen sowie über seine Hoffnungen für die Zukunft (Citizen Jazz, London Jazz News). --- Marc Myers spricht mit dem Gitarristen Mike Stern über seine aktuellen Aktivitäten, darüber, dass er sich oft mit Bläsern identifiziert, über seine Kindheit und wie er zum Gitarrenspiel kam, über sein Studium am Berklee College of Music, darüber, dass er in den 1970er Jahren in der Band Blood, Sweat & Tears und in den 1980ern mit Miles Davis spielte, über seine Drogensucht, über einen Unfall, bei dem er sich 2016 beide Arme brach, über die Idee des Jazzrocks sowie über fünf seiner eigenen Alben, die er empfehlen würde, um sein Spiel kennenzulernen (JazzWax).

Silke Arning spricht mit der Sängerin Fola Dada über ihre verschiedenen Projekte, darüber, dass Jazz in Deutschland immer noch eine Männerwelt ist, und über die Notwendigkeit, das zu ändern (SWR). --- Melanie Biedermann findet junge Bands, aufregende Musik und ein euphorisches Publikum in der Londoner Jazzszene und hebt die Trompeterin Emma-Jean Thackray, die Harfenistin Nala Sinephro, den Dichter Alabaster DePlume und die Saxophonist:innen Shabaka Hutchings und Chelsea Carmichael als einige der wichtigsten Akteure hervor (Neue Zürcher Zeitung).

Edigna Menhard spricht mit dem Schlagzeuger Harry Alt über den Einfluss türkischer und arabischer Musik auf seinen "Oriental Jazz", über die Mühen des Berufslebens und über sein Konzept, Schlagzeug und Perkussion zu unterrichten (Augsburger Allgemeine). --- In Anlehnung an die Entscheidung, Jim Thorpe die olympischen Goldmedaillen von 1912 wieder anzuerkennen, schlägt Ted Gioia vor, dasselbe für Duke Ellingtons Pulitzer-Preis zu tun. 1965 hatte die Pulitzer-Jury beschlossen, Ellington für seine Karriere zu ehren, was ihn zum ersten Jazz- und afro-amerikanischen Musiker als Preisträger gemacht hätte. Der Pulitzer-Vorstand weigerte sich damals aber, die Entscheidung der Jury zu akzeptieren, was den 66-jährigen Maestro zu der Bemerkung veranlasste: "Das Schicksal meint es gut mit mir. Das Schicksal will nicht, dass ich zu jung berühmt werde." (The Honest Broker). Gioia startete zugleich eine Petition, die erreichen soll, dass Ellington der Pulitzer-Preis zuerkannt wird, der ihm 1965 verweigert wurde (Petition).

Ted Gioia setzt seinen dreiteiligen Essay über Frank Zappa fort (The Honest Broker). --- Ulrich Habersetzer erinnert anlässlich seines 80. Geburtstags an den polnischen Trompeter Tomasz Stanko (BR Klassik).

Marc Myers spricht mit dem Gitarristen Al DiMeola über das Album "Saturday Night in San Francisco" (JazzWax). --- Robert Fröwein spricht mit dem Schlagzeuger Billy Cobham (Kronen-Zeitung).

Abe Beeson spricht mit dem Posaunisten Freddy Fuego (KNKX). --- Die NEA Jazz Masters 2023 sind die Geigerin Regina Carter, der Saxophonist Kenny Garrett, der Schlagzeuger Louis Hayes sowie die Produzentin und Autorin Sue Mingus (NPR, NEA).

Nachrufe

Wir erfuhren vom Ableben der britischen Saxophonistin Barabara Thompson im Alter von 77 Jahren (ORF), des britischen Journalisten Bob Weir im Alter von 82 Jahren (Jazz Journal), des Schlagzeugers Lawrence Batiste im Alter von 83 Jahren (New Orleans Times-Picayune), der britischen Sängerin Edana Minghella im Alter von 63 Jahren (On the Wight), sowie des Schlagzeugers Clarence Becton im Alter von 88 Jahren (Jazzenzo).

Während wir um alle hier genannten trauern, waren wir besonders betroffen, als wir vom Tod des Fotografen Jörg Becker im Alter von 71 Jahren hörten (Jazz Pages). Becker war ein Freund des Jazzinstituts, und wir waren stolz darauf, einige seiner Fotos von den 1970er Jahren bis ins neue Jahrtausend sowohl in einer Ausstellung als auch in einem Katalog zu präsentieren, den wir 2010 veröffentlichten. Er war vor einigen Jahren in den Ruhestand getreten und hatte in seiner Freizeit damit begonnen, seine umfangreiche Fotosammlung zu digitalisieren, von der er uns regelmäßig Teile zur Dokumentation zusandte. Wir sprachen noch zwei Wochen vor seinem unerwarteten Tod mit ihm. R.I.P.

Aus der Welt der Jazzforschung

Joachim Ernst Berendt @ 100

Der Kritiker, Produzent und "Jazzpapst" Joachim Ernst Berendt wäre am 22. Juli 100 Jahre alt geworden. Der im Jahr 2000 verstorbene Berendt erlebte den Erfolg des Jazzinstituts noch mit, der ihn froh machte, dass er sich in den 1980er Jahren entschlossen hatte, seine umfangreiche Sammlung nach Darmstadt zu geben, die bis heute als Herz des Archivs im Jazzinstitut wertgeschätzt wird.

Berendt war eine der wichtigsten Persönlichkeiten des deutschen Nachkriegsjazz. Er baute die erste Jazzabteilung eines öffentlich-rechtlichen Rundfunksenders auf, entwickelte Konzert- und Festivalideen, war eine vielgehörte Stimme in Rundfunk und Fernsehen, schrieb Bücher und Essays über die Musik, produzierte Schallplatten, gründete das Berliner Jazzfest, ermutigte Jazzmusiker, mit anderen musikalischen Traditionen zu experimentieren, und sorgte dafür, dass Jazz und improvisierte Musik in den "ernsten" Diskursen der zeitgenössischen Klassik und Kunst berücksichtigt wurden. Sein Jazzbuch war eines der einflussreichsten Bücher über Jazz nicht nur in Deutschland (es wurde in viele Sprachen übersetzt).

Er war neugierig und sah in der Musik eine Chance, mehr über sich selbst zu erfahren. Er wurde von Kollegen auf der ganzen Welt geschätzt, und er ermutigte eine ganze Reihe von Musikern zu Projekten, die sie schon immer verfolgen wollten, die aber schwer zu realisieren schienen. Neben seinen Fans gab es Neider, die ihm vorwarfen, er würde sich zu oft mit fremden Federn schmücken. Und ja, Berendt nahm Projekte, die er für vielversprechend hielt, mit ganzem Herzen an. Er selbst wäre der erste gewesen, den Ursprung der Idee zu benennen, er wusste aber auch, dass es manchmal seines Gewichts als renommierter Kulturjournalist und -kritiker bedurfte, um ein vielversprechendes Projekt auch zu verwirklichen.

Seines hundertsten Geburtstags wird insbesondere im deutschen Rundfunk gedacht, den er so stark geprägt hat. Zu den Gratulanten gehört etwa Günter Huesmann, Berendts Nachfolger in der Jazzabteilung des SWR, der ihn würdigt und sich an seine ersten Begegnungen mit ihm erinnert (SWR). Wir wissen von geplanten Radiofeatures im Deutschlandfunk, im ORF und in anderen Sendern. Und im Wissen um seine spirituelle Seite und seinen festen Glauben daran, dass nichts wirklich für immer verschwindet, werden wir uns im Jazzinstitut einen Moment Zeit nehmen, ein leises "OM" anstimmen, um eins zu werden mit der Welt und den Elementen, um ein- und auszuatmen und uns bewusst zu sein, dass jeder Atemzug uns mit denen verbindet, die vor uns waren, Coltrane und Berendt eingeschlossen.

Letzte Woche im Jazzinstitut

Neue Bücher, die wir gelesen haben
Zu den Büchern, die wir in den vergangenen Wochen lasen, gehören: "Ode to a Tenor Titan. The Life and Times and Music of Michael Brecker", von Bill Milkowski; und "Chargesheimer fotografiert Jazz, Köln 1950-1970", herausgegeben von Evelyn Bertram-Neunzig (siehe die Rubrik "Neue Bücher" auf der Website des Jazzinstituts).

Fortschritte bei der Digitalisierung der Sammlungen von Werner Wunderlich, Hans Blüthner und Hartmut Geerken / Sun Ra
"Zwischen" unserem täglichen Arbeitspensum kommen wir mit der Erschließung und Digitalisierung von Teilen unserer Spezialsammlungen gut voran. In den vergangenen Monaten haben wir uns besonders auf drei Sammlungen konzentriert: den Nachlass von Hans Blüthner, der die Berliner Jazzszene von den 1920er bis in die 1960er Jahre dokumentiert, die Sammlung von Werner Wunderlich, aus der wir derzeit die Manuskripte seiner Radiosendungen aus den 1960er bis zu den 1980er Jahren digitalisieren, und das Sun-Ra-Archiv von Hartmut Geerken, aus dem wir den größten Teil des Bildmaterials (Video, Fotos) sowie Teile von Geerkens Korrespondenz und Forschungsunterlagen digitalisiert haben. All diese Arbeiten werden von den Mitarbeiter:innen des Jazzinstituts sowie von einer Reihe von ehrenamtlichen Kollegen erledigt, die ein- bis zweimal pro Woche kommen, um in die Kisten einzutauchen und uns zu helfen, die Inhalte zu erfassen. Wir planen Inhaltsverzeichnisse zu den verschiedenen Sammlungen auf unserer Website zu veröffentlichen. Das Material, das dem Urheberrecht unterliegt (z. B. Videos oder Livemitschitte von Konzerten) wird auch weiterhin nur für die Forschung im Jazzinstitut zur Verfügung stehen wird, andere Materialien wie Manuskripte oder Briefe planen wir zumindest auszugsweise auf unserer Website zugänglich zu machen.

Darmstadt Jazz Conceptions
Nächste Woche steht Darmstadt unter dem Zeichen der 31. Darmstädter Jazz Conceptions. Unser jährlicher Workshop musste 2020 wegen Covid pausieren und wurde 2021 notwendigen und vorsorglichen Änderungen unterzogen. Im Wesentlichen haben wir die Ensemblegrößen auf acht Teilnehmende pro Band reduziert und sind in größere Probenräume umgezogen. Gemeinsam mit dem künstlerischen Leiter, dem Pianisten und Komponisten Uli Partheil, haben wir als Dozent:innen Rabie Azar (arabische Violine), Heidi Bayer (Trompete), Christopher Dell (Vibraphon), Angela Frontera (Schlagzeug, Perkussion) und Christian Ramond (Bass) eingeladen, die in diesem Jahr sechs Ensembles leiten, mit denen sie eine ganze Woche lang zusammenarbeiten und die Ergebnisse in abendlichen Open-Air-Konzerten und Sessions präsentieren werden. (Mehr Information über die Darmstadt Jazz Conceptions

Veränderungen im Jazzinstitut
Das Jazzinstitut hat einen kleinen Mitarbeiterstab - nur drei feste Stellen und eine Reihe an ehrenamtlichen Mitarbeiter:innen. Jetzt deutet sich ein Wandel an: eine der festen Stellen wird zum Winter frei. Die Stadt Darmstadt hat die Stelle ausgeschrieben, die ab 1. Dezember 2022 zu besetzen ist. Die Stellenbeschreibung findet sich auf der Website der Stadt Darmstadt; Bewerbungen sind an die Personalabteilung der Stadt zu richten (Link in der Stellenausschreibung). Endgültiger Ausschreibungsschluss ist der 27. Juli 2022.

Aktuelle Öffnungszeiten des Jazzinstituts
Das Archiv des Jazzinstituts ist für Besucher und Nutzer nach Anmeldung geöffnet. Daneben können Sie uns weiterhin per Telefon, E-Mail oder Video-Call erreichen. Sollten Sie einen Video-Call wünschen, bitten wir Sie, dafür per e-mail einen Termin abzumachen und uns dabei bereits mitzuteilen, worum es in dem Gespräch gehen soll. Wir werden Ihnen dann einen Link für eine Webex Videosession für unser Treffen zusenden.

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