(aus dem Jazzinstitut Darmstadt)
2. bis 15. März 2023 | Ausgabe 05/2023 (deutsch)

Wir lesen die Morgenzeitung für Sie!

Liebe Jazzfreunde,

Die Jazz News des Jazzinstituts versorgen Sie regelmäßig (zurzeit ca. alle zwei Wochen) mit Nachrichten, die wir aus der Online-Tagespresse für Sie zusammenfassen. Diese Rubrik wird auf unserer Website (www.jazzinstitut.de) täglich aktuell gehalten.

Wenn Sie an Literaturlisten zu den hier genannten Musiker:innen interessiert sind, so finden Sie etliche auf unserer Jazz-Index-Website. Der Jazz-Index ist eine bibliographische Datenbank, die kostenlos im Jazzinstitut abrufbar ist. Kontaktieren Sie uns, wenn Sie ähnliche Auszüge zu noch nicht gelisteten Musiker:innen wünschen.

Viel Vergnügen bei Ihrer Lektüre zum Jazz in der/n vergangenen Woche/n.

... in aller Kürze ...

Marc Myers erinnert sich an die Aktivitäten des Saxophonisten Frank Socolow in den 1940er Jahren (JazzWax). --- Marcus J. Moore spricht mit Musiker:innen und Musikautor:innen über ihre Lieblings-Klavieraufnahmen der Jazzgeschichte und erhält Empfehlungen von Dan Tepfer (Thelonious Monk), Samara Joy (Barry Harris), Hanif Abdurraqib (Duke Ellington), Vijay Iyer (Geri Allen), Keanna Faircloth (Ahmad Jamal), Marcus J. Moore (Herbie Hancock), Cosmo Baker (Stanley Cowell), Attiyah Khan (Abdullah Ibrahim), Jacqueline Schneider (Horace Silver), Ashley Khan (Bill Evans), Nduduzo Makhathini (Bheki Mseleku), Martin Johnson (Mal Waldron), Michael J. West (Andrew Hill), und Giovanni Russonello (Erroll Garner)  (New York Times). Ethan Iverson fasziniert die Liste, er schlägt allerdings zehn andere Aufnahmen vor (Transitional Technology).

Lewis Porter setzt seinen Rückblick auf Filmausschnitte von Charlie Parker mit einem Outtake fort, in dem Parker sich darüber amüsiert, wie Coleman Hawkins versucht, seine Fingerbewegungen im Playback-Verfahren an die zuvor aufgenommene Musik anzupassen, und er zeigt das Endergebnis, einen 4 1/2-minütigen Film, in dem die beiden Saxophonisten "Ballade" spielen. Porter geht zugleich auf das andere Stück ein, das bei der gleichen Session aufgenommen wurde, "Celerity", diskutiert die Bedeutung des Titels sowie seine musikalische Quelle (Playback with Lewis Porter). Porter schreibt außerdem über die frühesten Aufnahmen des Saxophonisten Wayne Shorter (Playback with Lewis Porter [1], Playback with Lewis Porter [2]). Und er hört sich einen Interviewauszug des schwedischen Journalisten Claes Dahlgren mit Duke Ellington an, in dem dieser von persönlichen Rassismuserfahrungen in den USA berichtet (Playback with Lewis Porter).

Mathias Maschat spricht mit dem Saxophonisten Alfred Harth über seine lange Karriere, über die Frankfurter Avantgarde-Szene der 1970er und 1980er Jahre, über seine musikalische und performative Ästhetik sowie über seine Aktivitäten in Seoul, Korea seit den frühen 2000er Jahren (Exploratorium Berlin). --- Martin Burkhalter berichtet über eine Podiumsdiskussion in Bern, die sich mit der kulturellen Aneignung im Jazz befasste und zu dem Schluss kam, dass es für weiße männliche Musiker durchaus in Ordnung ist, Jazz zu spielen, solange sie sich des Ursprunges der Musik bewusst bleiben (Thuner Tagblatt).

Eliza S. Banbury spricht mit der Jazzhistorikerin Maxine Gordon über ihr nächstes Buch, das sich mit dem Leben und der Musik von vier Musikerinnen befasst: Maxine Sullivan, Velma Middleton, Melba Liston und Shirley Scott, über ihren eigenen Weg in die Jazzwelt, viele Besuche im Village Vanguard, ihre Arbeit als Roadmanagerin und ihre Ehe mit dem Saxophonisten Dexter Gordon, über ihren generellen Forschungsansatz sowie darüber, wie sie sowohl Black Feminist Thought als auch Überlegungen zu Geografie und Ort in ihre Betrachtungen über das Leben und die Arbeit der Musikerinnen einfließen lässt (The Harvard Crimson). --- Ted Gioia erinnert uns daran, dass "Sax" und "Sex" etymologisch gesehen eigentlich verwandt sind (The Honest Broker).

Alexandra Flieth spricht mit dem Fotografen Harald Dayot, dessen Bilder derzeit in der Ausstellung "Jazz Is My Life" in Frankfurt zu sehen sind (Frankfurter Neue Presse). --- Nate Chinen erinnert sich an Konzerte mit dem Saxophonisten Tim Berne seit Mitte der 1990er Jahre, und teilt darüber hinaus seine Liner Notes zu Bernes Album "The Sevens" von 2002 (The Gig).

Richard Brody sieht sich "Rewind & Play" an, einen Film von Alain Gomi mit Aufnahmen eines Pariser Konzerts von Thelonious Monk aus dem Jahr 1969 (The New Yorker). Auch Ethan Iverson sieht den Film (Transitional Technology). --- Tobias Lehmkuhl erinnert an den Saxophonisten Ornette Coleman und beschreibt dessen "Lonely Woman" als "klassisches das heißt in seiner Notation unveränderliches Stück" (Frankfurter Allgemeine Zeitung).

Vinnie Sperrazza hört sich einige frühe Aufnahmen des Saxophonisten Wayne Shorter mit Art Blakey's Jazz Messengers an (Chronicles). --- Das Museum Hamburger Bahnhof - Nationalgalerie der Gegenwart in Berlin zeigt eine Ausstellung mit dem Titel "Broken Dreams, Vol. 2", die sowohl das 70-jährige Jubiläum der Vinyl-Schallplatte feiert als auch Soundarbeiten zeitgenössischer Künstler:innen präsentiert (Hamburger Bahnhof).

Nachrufe

Wir erfuhren vom Ableben des Saxophonisten Wayne Shorter im Alter von 89 Jahren (New York Times [1], New York Times [2], Washington Post [1], Washington Post [2], Los Angeles Times, Rolling Stone, The Honest Broker, WBGO, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Die Zeit), der Sängerin Ida McBeth im Alter von 70 Jahren (KSHB), des georgischen Bassisten und Komponisten Tamaz Kurashvili im Alter von 75 Jahren (Jazz Passings), des Klarinettisten Harry Künzel im Alter von 90 Jahren (Leipziger Volkszeitung), des panamaischen Saxophonist Carlos Garnett im Alter von 84 Jahren (Marlbank), des Saxophonisten Helmut Forsthoff im Alter von 78 Jahren (Jazzkeller 69), des britischen Keyboardier Robin Lumley im Alter von 75 Jahren (Rockaxis), des kanadisch-britischen Klarinettisten Wally Fawkes im Alter von 98 Jahren (Evening Standard), des Architekten von Jazz at Lincoln Center Rafael Vinoly im Alter von 78 Jahren (New York Times), der Sängerin Toni Harper im Alter von 86 Jahren (JazzWax), der australischen Veranstalterin Lynette Irwin (The Music), des Pianisten David Kamien im Alter von 94 Jahren (Legacy), des brasilianischen Flötisten Bebeto Castilho im Alter von 83 Jahren 83 (Globo), sowie des Saxophonisten und Stepptänzers Ronald McFadden im Alter von 66 Jahren (KCUR).

Aus der Welt der Jazzforschung

The Jazz Centre UK

Das Jazz Centre UK in Southend on Sea ist die einzige Einrichtung ihrer Art im Vereinigten Königreich. Es wurde 2016 als gemeinnützige Organisation gegründet. Mit der Unterstützung des Stadtrats von Southend on Sea wuchs das Jazz Centre von einem einzigen Raum auf eine ganze Etage der Beecroft Gallery im Herzen der Stadt an. Nun hat der Stadtrat beschlossen, dem Jazz Centre UK seine Unterstützung zu entziehen, und hat die aktuellen Räumlichkeiten zum 1. August dieses Jahres gekündigt. Die Suche nach neuen, praktikablen und erschwinglichen Räumen blieb bislang erfolglos. Die Treuhänder des Jazz Centre UK bitten daher um Unterstützung, um den Stadtrat von Southend on Sea zum Umdenken zu bewegen und damit die Schließung der gemeinnützigen Einrichtung zu verhindern (The Jazz Centre UK, Petition).

Letzte Woche im Jazzinstitut

George Gruntz-Sammlung

Mitte Februar übergab Felix Gruntz, Sohn des Schweizer Pianisten und Komponisten George Gruntz, dem Jazzinstitut die Sammlung George Gruntz / Jazzfest Berlin, 35 dicke Ordner voller Korrespondenz im Zusammenhang mit dem Berliner Festival, für das sein Vater von 1972 bis 1994 als künstlerischer Leiter verantwortlich zeichnete. Die Sammlung enthält Briefe an Behörden, an Journalisten, an Musiker, Briefe, in denen sich Gruntz über seinen Vorgänger, den Gründer des Festivals, Joachim Ernst Berendt beschwert, oder über den kaufmännischen Leiter des Festivals bis in die 1980er Jahre. Es ist hochspannendes Material, das die Diskurse hinter den Kulissen der europäischen Jazzszene der 1970er und 1980er Jahre beleuchtet und damit sowohl die Berendt-Sammlung im Jazzinstitut als auch weiteres Material in unserem Archiv ergänzt, etwa GEMA-Listen, Programmhefte und Tonbänder aus den Jahren 1981 bis 2013, die wir aus anderer Quelle bereits 2014 übernahmen. Wir haben die George Gruntz-Sammlung erst einmal in Kartons verpackt und werden sie demnächst vollständig katalogisieren und für die (Vor-Ort-)Recherche scannen.

Depot

Neben unserer täglichen Arbeit (zurzeit: Vorbereitung der Kathrin-Preis-Kurzresidenz mit Robert Lucaciu im Mai, der Jazz Conceptions im Juli, des Darmstädter Jazzforums im September, neben der Betreuung von Besuchern, der Beantwortung von Rechercheanfragen, der Pflege diverser Netzwerke, in denen wir aktiv sind) werden wir die nächsten Monate damit verbringen, einzupacken, umzupacken und auszupacken. Warum? Die Stadt Darmstadt hat für das Institut Mathildenhöhe, Welterbe und wichtiges Zentrum für den Jugendstil, für das Stadtarchiv, das Internationale Musikinstitut und das Jazzinstitut ein neues Depotgebäude errichtet. Es handelt sich um ein hochmodernes, klimatisiertes und sicheres Archivlager speziell für kunst- und kulturhistorische Dokumente. Wir sind zurzeit dabei, in den drei von uns genutzten Räumen (also dem Hauptgebäude im Bessunger Kavaliershaus, in einem kleinen Nebengebäude in unmittelbarer Nachbarschaft sowie in einem Lagerhaus am Stadtrand) Material zu identifizieren, das im neuen Depot untergebracht werden soll. Unsere neuen Nachbarn ziehen ihre Bestände bereits um; wir sind für Anfang Juni vorgesehen. Unser Hauptstandort ist und bleibt das historische Kavaliershaus in Bessungen, aber wir freuen uns auf die baldige State-of-the-Art Unterbringung von wichtigen Sammlungsbestandteilen im Kunstdepot Darmstadt.

Destination Unknown: Die Zukunft des Jazz

Das Programm des Darmstädter Jazzforums im Herbst dieses Jahres steht größtenteils und verspricht eine spannende Mischung aus Diskussionen, Ausstellung und Konzerten. Am Mittwoch, den 27. September 2023, findet im Gewölbekeller unterm Jazzinstitut ein Pre-Opening-Konzert mit dem Trio der estnischen Pianistin Kirke Karja statt, zusammen mit dem französischen Bassisten Étienne Renard und dem deutschen Schlagzeuger Ludwig Wandinger. Das kurz vor der Pandemie gegründete Trio explodiert förmlich im kraftvollen Zusammenspiel.

Der erste Konferenztag beginnt am Donnerstagnachmittag, dem 28. September 2023, mit dem Thema PAST AND FUTURE mit einem grundlegenden Beitrag André Döhrings sowie einem Vortrag Harald Kisiedus, der die Aussage, der Jazz sei tot (etwa auf Theo Crokers jüngsten Album) in einen größeren historischen Kontext stellt und dabei die Folgen einer Auffassung von Jazz als Genre genauso diskutiert wie die kontinuierliche Nichtbeachtung afrodiasporischer Komponist:innen.

Ein von Sophie Emile Beha moderiertes erstes Panel fragt "Jazz - aber für wen eigentlich?". Dazu haben wir den Bassisten James Banner eingeladen, der über Klassismus und sein Work-Class-Projekt sprechen wird, die Vibraphonistin Evi Filippou, die von ihren Erfahrungen mit Schulkindern berichten wird, und eine Zukunftsforscherin, die uns helfen kann, das alles weiterzudenken. Der erste Tag wird für die Referent:innen mit einem Besuch des Jazzinstituts enden, da das Jazzforum quasi am anderen Ende der Stadt stattfindet und viele unsere Institutsräume noch nicht gesehen haben.

In den nächsten JazzNews werden wir Ihnen weitere Vorträge und Diskussionen des 18. Darmstädter Jazzforums vorstellen. Das gesamte Programm mit Vortragstiteln, Biografien der Referent:innen und ausführlicheren Abstracts der Beiträge finden Sie bald auf unserer Website. Merken Sie sich aber schon jetzt den Termin vor: 27./28.-30. September 2023. Und schauen Sie auf unserer Website vorbei (Destination Unknown), die auch einen korrespondierenden Blog enthält, in dem wir einige unserer eigenen Gedanken zu diesem Thema darlegen. Übrigens: Konferenzsprache ist diesmal überwiegend Deutsch.

Aktuelle Öffnungszeiten des Jazzinstituts

Das Archiv des Jazzinstituts ist für Besucher und Nutzer nach Anmeldung geöffnet. Daneben können Sie uns weiterhin per Telefon, E-Mail oder Video-Call erreichen. Sollten Sie einen Video-Call wünschen, bitten wir Sie, dafür per e-mail einen Termin abzumachen und uns dabei bereits mitzuteilen, worum es in dem Gespräch gehen soll. Wir werden Ihnen dann einen Link für eine Webex Videosession für unser Treffen zusenden.

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