(aus dem Jazzinstitut Darmstadt)
11. bis 31. Januar 2024 | Ausgabe 2/2024 (deutsch)

Wir lesen die Morgenzeitung für Sie!

Liebe Jazzfreunde,

Die Jazz News des Jazzinstituts versorgen Sie regelmäßig (zurzeit ca. alle zwei Wochen) mit Nachrichten, die wir aus der Online-Tagespresse für Sie zusammenfassen. Diese Rubrik wird auf unserer Website (www.jazzinstitut.de) täglich aktuell gehalten.

Wenn Sie an Literaturlisten zu den hier genannten Musiker:innen interessiert sind, so finden Sie etliche auf unserer Jazz-Index-Website. Der Jazz-Index ist eine bibliographische Datenbank, die kostenlos im Jazzinstitut abrufbar ist. Kontaktieren Sie uns, wenn Sie ähnliche Auszüge zu noch nicht gelisteten Musiker:innen wünschen.

Viel Vergnügen bei Ihrer Lektüre zum Jazz in der/n vergangenen Woche/n.

Bitte lesen Sie auch die persönlichen Zeilen des Verfassers am Ende dieses Newsletters!

... in aller Kürze ...

Peter Jones fragt, warum US-amerikanische Musiker so gern nach Europa kamen und immer noch kommen (The New European). --- Vinnie Sperrazza feiert den 100. Geburtstag von Max Roach mit einem Fokus auf sein Album "The Drum Also Walzes" (Teil 1: Chronicles), seine "Konzepte und die frühesten Bebop-Aufnahmen " (Teil 2: Chronicles), sowie seine Duos 1976-1982 (Teil 3: Chronicles). Maxi Broecking (die tageszeitung) und Beate Sampson (BR Klassik) erinnern ebenfalls an Roach. Und Doug Doyle spricht mit dem Saxophonisten Gary Bartz über seinen Mentor Max Roach und über die Herausforderungen, denen sich junge Musiker heute stellen müssen (WBGO).

Wolfgang Sandner feiert den italienischen Klarinettisten und Saxophonisten Gianluigi Trovesi, der dieser Tage 80 Jahre alt wird (Frankfurter Allgemeine Zeitung). --- Lewis Porter setzt seine Reihe über Duke Ellingtons und Billy Strayhorns "Such Sweet Thunder" fort und beleichtet Ellingtons und Strayhorns musikalische Beziehung Mitte bis Ende der 1950er Jahre (Playback with Lewis Porter).

Alex Ross nimmt eine Aufführung des International Contemporary Ensemble in der New Yorker Armory zum Anlass, die Karriere des Komponisten, Improvisators, Elektronikpioniers und Forschers George Lewis näher zu beleuchten (The New Yorker). --- Hugh Morris spricht mit Shabaka Hutchings über seine Entscheidung, das Saxophon an den Nagel zu hängen und sich stattdessen auf die Flöte zu konzentrieren, die er während der Pandemie ernsthaft geübt hatte, sowie über die verschiedenen Flötenarten, die er bislang gespielt hat, und wie sie sich je nach Material, Tradition und Ansatz unterscheiden (New York Times).

Harry Nutt erörtert den Vorwurf der kulturellen Aneignung in der Musik, bezieht sich dafür auf die Geschichte der Blue-Note-Labelgründer Alfred Lion und Francis Wolff, auf Jens Balzers kürzlich erschienenes Buch "Ethik der Appropriation" und auf die Geschichte des Songs "Mr. Bojangles" (Berliner Zeitung). --- Nikki O'Neil spricht mit dem 96-jährigen Gitarristen George Freeman über sein jüngstes Album "The Good Life", über T-Bone Walker und andere Einflüsse auf sein Spiel, über die Jazzszene Chicagos in den 1940er und frühen 1950er Jahren, über die Lektionen, die er durch das Spielen von Bebop gelernt hat, über Auftritte mit Charlie Parker, der ihn einst bat, unbedingt nach New York zu ziehen, über "going outside the harmony" sowie über die Verbindungen zwischen Jazz und Blues. O'Neil listed darüber hinaus einige Links zu verschiedenen Bebop-Aufnahmen Freemans im Laufe der Jahre (Guitar Player).

Richard Duckett erfährt, dass das Klavier von Jaki Byard, das 2008 dem New England Conservatory gespendet wurde, schon seit 2010 nicht mehr auffindbar ist (Worcester Magazine). --- Lewis Porter erläutert den Kontext von John Coltranes Aufnahme "Alabama" aus dem Jahr 1963 und untersucht, was er als "Lieder mit Text", "von Worten inspirierte Stücke" und "Stücke mit versteckten Texten" in Coltranes Œuvre bezeichnet (Playback with Lewis Porter). Er erklärt außerdem, wie Coltrane seine Musik auf die Rede von Dr. Martin Luther King gestützt haben könnte, die dieser nach dem rassistischen und terroristischen Bombenanschlag auf eine Kirche in Birmingham, Alabama, gegeben hatte, bei dem drei Mädchen getötet wurden (Playback with Lewis Porter).

Giovanni Russonello besucht das Winter Jazzfest und das Unity Jazz Festival in New York (New York Times). --- Nicky Schrire spricht mit der Sängerin und Pädagogin Natascha Roth (London Jazz News) und der australischen Pianistin und Komponistin Nat Bartsch über die Balance zwischen musikalischer Karriere und Mutterschaft (London Jazz News). --- Hans-Jürgen Schaal erinnert an den Kornettisten Freddie Keppard (BR-Klassik).

Andy Beta spricht mit der Gitarristin Mary Halvorson über die Mühen des Reisens, über den Wandel in ihrem Stil sowie über ihr jüngstes Album "Cloudward", auf dem sie "bewusst viel mehr Raum und Atem lassen [will]". (The Guardian). --- Karen Ponzio spricht mit dem Saxophonisten und Jazzhistoriker Allen Lowe über die Überschneidung zwischen Musik und Forschung, über einen geplanten Dokumentarfilm über sein Leben "gefiltert durch die Arbeit, die ich tue", sowie darüber, dass er trotz gesundheitlicher Probleme das Gefühl hat, "zu besessen zu sein, um in Rente zu gehen" (New Haven Independent).

George Varga spricht mit der Bassistin Linda May Han Oh über ihre aktuelle Band, über ihr Ziel, "100 Prozent im Moment zu sein", wenn sie spielt, über die Herangehensweise an ihr jüngstes Album "The Glass Hours", über kulturellen Stolz als einen der Gründe, warum sie ihren Namen von Linda Oh zurück in Linda May Han Oh gewandelt hat, über ihre Herangehensweise ans Unterrichten sowie darüber, dass die Musik-Community eine enorme Hilfe ist, wenn es darum geht, mit ihrem Pianisten-Ehemann und ihrem 3-jährigen Sohn auf Tournee zu gehen (San Diego Union-Tribune). --- Nate Chinen spricht mit dem Pianisten Ethan Iverson über sein jüngstes Album "Technically Acceptable", über seine Zeit bei The Bad Plus, über sein Votum für "mehr Count Basie und Duke Ellington in dieser Musik" im Jahr 2024 sowie über einige der musikalischen Bezüge, auf die er in der Musik seines Albums verweist (The Gig). Chinen spricht mit Iverson außerdem über seine kritischen Texte und über den Zustand der Jazzkritik im Allgemeinen (The Gig).

In Teil 3 seiner Deep-Listening-Session zu neu entdeckten Aufnahmen von Art Tatum führt Lewis Porter durch eine Jam-Session über "I Got Rhythm" und konzentriert sich dabei auf das Solo eines mysteriösen Solisten, den er als Trummy Young identifiziert, um dann die verschiedenen Indizien für diese Identifizierung zu diskutieren (Playback with Lewis Porter). --- Ethan Iverson nimmt den hundertsten Jahrestag der Uraufführung von George Gershwins "Rhapsody in Blue" zum Anlass, darüber nachzudenken, was das Stück so populär macht, wie seine "Rezeptionsgeschichte (...) problematischer ist als das Werk selbst", erklärt, dass viele klassische Musiker einfach nicht in der Lage waren, "Gershwins grundlegende Synkopen und Polyrhythmen richtig zu spielen", und spricht dann mit dem Pianisten Aaron Diehl darüber, wie man "die Nostalgie für dieses Stück überwindet". (New York Times). Iverson ergänzt seinen Artikel um einige Anmerkungen in seinem eigenen Blog (Transitional Technology).

Nachrufe

Wir erfuhren vom Ableben des Schweizer Schlagzeugers Pierre Bouru im Alter von 95 Jahren (24 Heures), der Sängerin Jay Clayton im Alter von 82 Jahren (New York Times), des Veranstalters Dieter Reichert im Alter von 84 Jahren (Eimsbütteler Nachrichten), der Sängerin Marlena Shaw im Alter von 81 Jahren (Daily Mail), des Komponisten Peter Schickele alias P.D.Q. Bach im Alter von 88 Jahren (New York Times), des Pianisten Charles Boles im Alter von 81 Jahren (Detroit Metro Times), des französischen Vibraphonisten Michel Hausser im Alter von 96 Jahren (TSF Jazz), des Gitarristen Dean Brown im Alter von 68 Jahren (Bonedo), des kanadischen Pianisten Bob Erlendson im Alter von 93 Jahren (Jazz Passings), des Schlagzeugers Frank DeVito im Alter von 93 Jahren (Jazz Passings), des französischen Schlagzeugers Philippe Combelle im Alter von 84 Jahren (TSF Jazz), des holländischen Akkordeonisten Rony Verbiest im Alter von 67 Jahren (AVS), der Produzentin Kayla Feldman im Alter von 81 Jahren (Daily Freeman), des Saxophonisten Charles Austin im Alter von 94 Jahren (Jazz Passings), des französischen Gitarristen Slim Pezin im Alter von 78 Jahren (Charts in France), des Saxophonisten/Pädagogen Jerry Coker im Alter von 91 Jahren (Frost School of Music), des Posaunisten Ron Moss im Alter von 79 Jahren (TMZ), des argentinischen Schlagzeugers Enrique "Zurdo" Roizner im Alter von 84 Jahren (El Destape), des schwedischen Pianisten Göte Wilhelmson im Alter von 95 Jahren (Musikindustrin), des Posaunisten Hal Smith im Alter von 85 Jahren (Jazz Passings), des Kritikers und Produzenten Bob Rusch im Alter von 80 Jahren (Jazz Passings), des britischen Komponisten Laurie Johnson im Alter von 96 Jahren (BBC), des tschechischen Schlagzeugers Jan Linhart im Alter von 48 Jahren (Jazz Passings), des schwedischen Toningenieurs Thorbjörn Samuelsson im Alter von 74 Jahren (Familjesidan), sowie des Gitarristen Sigi Schwab im Alter von 83 Jahren (BR Klassik).

Letzte Woche im Jazzinstitut

Veränderungen im Jazzinstitut:
Auf Wiedersehen und Glückauf!

Dieser Newsletter ist die letzte Ausgabe der JazzNews, die von mir, Wolfram Knauer, zusammengestellt wurde. Der 31. Januar wird mein letzter Arbeitstag im Jazzinstitut sein, ab morgen, dem 1. Februar, verabschiede ich mich offiziell in den Ruhestand. Als Gründungsdirektor seit 1990 hatte ich die dankbare Aufgabe, das Jazzinstitut Darmstadt, seine Angebote für die verschiedenen Communities, in die wir eingebunden sind, und einige der Diskurse zumindest in der deutschen Szene, wenn nicht darüber hinaus, mitzugestalten. Wir hatten anfangs keine sehr klare Vorstellung davon, was das Jazzinstitut eigentlich sein sollte, versuchten aber immer, unsere Ohren offen zu halten und zuzuhören - der Musik genauso wie den Bedürfnissen von Musikern, Forschern, Pädagogen, Kulturpolitikern und Fans. (Einen Rückblick auf meine Zeit im Jazzinstitut erschien letzte Woche in unserer Lokalzeitung: Darmstädter Echo)

Dieser Newsletter war nie eine Einbahnstraße. Wir erhielten Kommentare, Korrekturen, Kritik, Danksagungen von Euch/Ihnen, unseren Abonnenten, und oft ergab sich daraus ein Gespräch darüber, an welchen Projekten Ihr gerade arbeitet und wie wir Euch möglicherweise dabei helfen können. Diese Art von Feedback ist für ein Informations- und Dokumentationszentrum wie das Jazzinstitut unverzichtbar, deshalb: auch Euch/Ihnen ein herzliches Dankeschön!

Mit meinem Eintritt in den Ruhestand werden auch die JazzNews eine Pause einlegen. Meine Nachfolgerin Bettina Bohle wird am 1. März anfangen, und eines der vielen Projekte auf ihrem Schreibtisch wird die Frage sein, wie sie diesen Newsletter weiterführen kann. Er wird wahrscheinlich ein anderes Format erhalten, vielleicht auch nicht mehr so oft erscheinen, wie er in den letzten 20 Jahren in Eurer/Ihrer Mailbox landete.

Ich danke Arndt, Doris und Marie dafür, dass sie mir über all die Jahre den Rücken gestärkt haben. Sie sind zweifellos die besten Kollegen, die man sich vorstellen kann, unterstützend, kritisch, engagiert, voller Ideen. Bettina Bohle wünsche ich viel Erfolg bei all ihren Plänen für das Jazzinstitut und die Freiheit, sie zu verwirklichen und die Chancen zu nutzen, die ihr ihre neue Position gibt. Ein großes Dankeschön gilt aber auch allen Bürgerinnen und Bürger der Wissenschaftsstadt Darmstadt, die das Jazzinstitut seit seiner Gründung im September 1990 mit ihren Steuergeldern tragen und stolz auf unsere Aktivitäten sind, wie wir regelmäßig bei Konzerten oder öffentlichen Führungen durchs Archiv erfahren.

Bettina Bohle äußerte sich bereits in unserer Lokalzeitung (Darmstädter Echo) zu einigen ihrer Ideen für die künftige Ausrichtung des Jazzinstituts. Wird sie den Weg fortsetzen, den wir in den letzten Jahren eingeschlagen haben? Die Antwort lautet sicher sowohl ja als auch nein, denn genau deshalb ist Veränderung gut und notwendig, weil sie nämlich frische Ideen mit sich bringt, also auch den Mut, ausgetretene Pfade zu verlassen und etwas Neues zu wagen (ha: Darmstadt-Kenner, wissen, worauf der letzte Satz anspielt, allen anderen sei ein Besuch auf der Mathildenhöhe ans Herz gelegt). Heißen Sie sie genauso willkommen, wie ich immer das Gefühl hatte, willkommen zu sein.

Ich gehe zwar in Bezug auf meine Arbeit im Jazzinstitut Darmstadt in den Ruhestand, aber natürlich bleibe ich dem Jazz erhalten. Ich werde weiterhin als Honorarprofessor an der Universität Mainz unterrichten, und ich habe noch einige andere Projekte in petto. Wer mehr darüber erfahren oder einfach nur in Kontakt bleiben will: Seit dem 1. Januar habe ich eine eigene Website, über die sich auch mein aktueller Kontakt finden lässt (www.wolframknauer.de).

That's all, folks! Danke und Good-bye … for now
Wolfram Knauer

Aktuelle Öffnungszeiten des Jazzinstituts
Sie können das Jazzinstitut während unserer Öffnungszeichen besuchen (MO/DI/DO 10-17 Uhr, FR 10-14 Uhr). Daneben können Sie uns weiterhin per Telefon, E-Mail oder Video-Call erreichen. Sollten Sie einen Video-Call wünschen, bitten wir Sie, dafür per e-mail einen Termin abzumachen und uns dabei bereits mitzuteilen, worum es in dem Gespräch gehen soll. Wir werden Ihnen dann einen Link für eine Webex Videosession für unser Treffen zusenden.

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Jazzinstitut Darmstadt
Bessunger Strasse 88d | 64285 Darmstadt | Germany
The Jazzinstitut is an institution of the City of Sciences Darmstadt | Das Jazzinstitut ist eine Einrichtung der Wissenschaftsstadt Darmstadt