Darmstädter Musikgespräche

Neue Musik / Jazz: Who Cares?

In diesem Jahr finden sowohl die Darmstädter Ferienkurse für Neue Musik als auch das Darmstädter Jazzforum statt, zwei international beachtete Veranstaltungen, in denen viel Musik erklingt, aber auch über die Gegenwart und Zukunft der aktuellen Musik gesprochen wird. Beim Darmstädter Musikgespräch fragt Moderator Thomas Schäfer (Internationales Musikinstitut) den Komponisten Arne Gieshoff (Akademie für Tonkunst), die Musikwissenschaftlerin Melanie Wald-Fuhrmann (Max-Planck-Institut für empirische Ästhetik) und den Jazzforscher Wolfram Knauer (Jazzinstitut Darmstadt) danach, was Genrebezeichnungen wie Jazz oder Neue Musik eigentlich noch bedeuten im 21sten Jahrhundert, wie sie innerhalb der Szenen wahrgenommen werden und welche Bedeutung sie für das Publikum haben.

Ort: Haus Engelmann, Ludwig-Engel-Weg 15 (Rosenhöhe), 64287 Darmstadt
Termin: Mittwoch, 28. Juni 2023, 20-21.30 Uhr
Eintritt: frei

Wegbeschreibung:
… zu Fuß vom Löwentor (Eingang Rosenhöhe) an den Künstlerhäusern (rechts) vorbei, rechts hinter dem letzten führt ein kleiner Fußweg einmal um die Ecke zum letzten Künstlerhaus in zweiter Reihe: Nr. 15 (siehe Karte).


Details:

Als die Stadt Darmstadt 1983 das Jazzarchiv von Joachim Ernst Berendt sicherte, fand dieses für einige Jahre Platz im Internationalen Musikinstitut, dem Ausrichter der renommierten Ferienkurse für Neue Musik. Bald zeigte sich, dass die Welten von Jazz und Neuer Musik doch zu unterschiedlich waren und dass man diesem Unterschied am besten mit einer eigenen Institution gerecht würde. Enter: das Jazzinstitut Darmstadt. Dabei berühren sich die beiden Welten in der klingenden Musik nur zu häufig, sowohl in der Art des Experimentierens, des Auslotens neuer Klänge und Zusammenklangsmöglichkeiten als auch in der Selbstverortung innerhalb des künstlerischen sowie gesellschaftlichen Diskurses hierzulande. In diesem Jahr werden bei den Ferienkursen Musiker wie Anthony Braxton, Tyshawn Sorey, George E. Lewis als Dozenten mitwirken, deren musikalische Entwicklung von afro-amerikanisch geprägter Improvisationspraxis geprägt wurde. Wenig später wird das Darmstädter Jazzforum zwar nach der “Zukunft des Jazz” fragen, dabei aber zugleich hinterfragen, ob diese Aufteilung in Genres überhaupt noch Sinn macht (und für wen).

Grund genug ein Darmstädter Musikgespräch zu initiieren, bei dem wir über die Unterschiede zwischen “Neuer Musik” und “Jazz” sprechen wollen, daneben aber auch über Gemeinsamkeiten, über die Hürden, die Begriffe der musikalischen Praxis manchmal in den Weg stellen, aber auch über die Chancen, die die Identifizierung mit einer klar umrissenen Szene bieten. Wie umgehen mit den zunehmend verwischenden Grenzen zwischen Neuer Musik und Jazz, auch in einer Stadt, in der gleich zwei international renommierte Einrichtungen zuhause sind, die sich mit Geschichte und Gegenwart genau dieser Genres befassen?

Zum Musikgespräch haben wir die Musikwissenschaftlerin Melanie Wald-Fuhrmann eingeladen, Co-Direktorin des Max-Planck-Instituts für empirische Ästhetik, die sich forschend mit Fragen des Musikgeschmacks, mit musikphilosophischen und musikästhetischen Themen auseinandersetzt. Arne Gieshoff unterrichtet an der Akademie für Tonkunst. Der freischaffende Komponist verwendet in seiner Arbeit oft interaktive Momente und ist – wie andere Komponist:innen seiner Generation – der aus dem Jazz kommenden Improvisation gegenüber immer aufgeschlossen. Dritter Gesprächspartner ist Wolfram Knauer, Direktor des Jazzinstituts Darmstadt, das einen großen Schatz afro-diasporischer Musikpraxis hütet, sich aber auch der aktuellen Genre-Diskussion gegenüber positioniert. Durch das Gespräch führt Thomas Schäfer, Direktor des Internationalen Musikinstituts und künstlerischer Leiter der Darmstädter Ferienkurse.


Komponist Hans Ulrich Engelmann (links) und einige seiner Jazz-Buddies:
Jürgen Wuchner, Gerd Putschögl, Wolfram Knauer

Als weiterer Gesprächspartner dient der Genius Loci des Hauses Engelmann auf der Künstlerkolonie Rosenhöhe. Hans Ulrich Engelmann (1921-2011) verbindet wie wenig andere die beiden Bereiche europäisch geprägter Komposition und afro-amerikanischer Improvisation. Zahlreiche Werke des Komponisten, der sich 1946 als erster Teilnehmer bei den 1. Ferienkursen für Neue Musik einschrieb, nahmen auf Vorbilder aus dem Jazz oder der afro-amerikanischen Kulturszene Bezug, im privaten Umfeld improvisierte Engelmann  gern über Themen von Duke Ellington oder George Gershwin. Über Jahrzehnte war dieses Haus Treffpunkt für kreative Menschen, die H.U. und Roma Engelmann einluden, zum intensiven Gespräch, zur Diskussion über Musik oder Politik, oder zu Wohnzimmerkonzerten, bei denen zwischen Bach und Jazz alles erklingen konnte.


Archiv:
frühere Darmstädter Musikgespräche siehe hier…