(aus dem Jazzinstitut Darmstadt)
16. bis 29. März 2023 | Ausgabe 06/2023 (deutsch)

... in aller Kürze ...

Ethan Iverson legt aus Anlass des 90sten Geburtstags von Quincy Jones dessen Album "Walking In Space" erneut auf (Transitional Technology). --- Melody Baetens spricht mit dem Schlagzeuger und Produzenten Karriem Riggins über seine Ernennung zum Artist-in-Residence für das Detroit Jazz Festival 2023, darüber, wie das Festival Teil seiner eigenen musikalischen Entwicklung war, sowie darüber, wie die Sängerin Betty Carter ihn einst inspirierte, überhaupt den Weg in die Musik zu nehmen (The Detroit News). Gary Graff spricht ebenfalls mit Riggins (The Oakland Press).

Lewis Porter hört ein weiteres Mal in die ersten Aufnahmen des Saxophonisten Wayne Shorter (Playback with Lewis Porter). In einem weiteren Artikel verknüpft Porter die Tradition der Minstrel-Show über Vaudeville und Varieté bis hin zu den heutigen Late-Night-Shows, weist außerdem auf die Verbindungen der Minstrel-Show zur Jazz-Geschichte sowie überhaupt auf die komplexe Geschichte des Blackfacing im Showbusiness hin. Dann zitiert er eine Rezension einer Minstrel-Show von keinem Geringeren als Frederick Douglas, der 1849, wie Lewis schreibt, "die ganze Heuchelei dieser Show entlarvt" (Playback with Lewis Porter). In einem weiteren Post druckt Porter einen Brief ab, den Charles Mingus 1963 an die American Federation of Musicians über seinen Vertrag mit Atlantic Records schrieb (Playback with Lewis Porter), um diesen gleich darauf zu kontextualisieren (Playback with Lewis Porter). --- Ulrich Stock spricht mit der Harfenistin Kathrin Pechlof über die Größe und das Gewicht ihres Instruments, über den Klangraum, den die Harfe eröffnet und wie sie diese schon als Kind geliebt habe, über ihr Trio mit Saxophon und Bass, ohne Schlagzeug, sowie über den Versuch, in ihrer Musik "keine Fassade aufzubauen, sondern sie komplett fallen zu lassen" (Die Zeit).

Ethan Iverson sieht sich ein Video von Duke Ellingtons Big Four an, die "The Blues" proben, und er ist nicht gerade begeistert von den Beiträgen des Bassisten Ray Brown und vor allem des Gitarristen Joe Pass (Transitional Technology). --- Eric A. Galm spricht mit der Musikethnologin Verna Gillis über ihre Anfänge musikethnologischer Recherchen, über Feldforschung in Kaschmir, Afghanistan, Ghana und an anderen Orte, sowie über die Veröffentlichung einiger dieser Feldaufnahmen (FolkLife).

Die Saxophonistin Corinna Danzer wird mit dem diesjährigen Hessischen Jazzpreis ausgezeichnet (Hessisches Ministerium für Wissenschaft und Kunst). --- Vinnie Sperrazza feiert den Schlagzeuger Roy Haynes anlässlich seines 98. Geburtstages mit einem Blick auf ein paar Stücke aus seiner langen Karriere (Chronicles). Sperrazza hört außerdem Aufnahmen des Bassisten Richard Davis und des Schlagzeugers Mel Lewis mit der Thad Jones / Mel Lewis Big Band (Chronicles).

Nate Chinen reflektiert über seine Tätigkeit in den Jurys des Stipendienprogramms USArtists International und des Deutschen Jazzpreises (The Gig). --- Sacha Pfeiffer spricht mit dem Pianisten Dan Tepfer über sein aktuelles Album "Inventions / Reinventions", das auf zweistimmigen Inventionen von Johann Sebastian Bach basiert, und über seinen Ansatz, nicht über das zu improvisieren, was da geschrieben steht, sondern die Freiräume zu nutzen, die Bach gelassen hat, weil er zum Beispiel nur 15 von 24 möglichen Tonarten abdeckte (NPR).

Harmony Holiday betrachtet Alain Gomis' Dokumentarfilm "Rewind & Play" über Thelonious Monk als "spannungsgeladenen Tanz zwischen Künstler und Interviewer" (The New Yorker). --- Marc Myers entdeckt verschollene Bänder eines Interviews, das er vor etwa zehn Jahren mit dem Bassisten Bill Crow führte, und veröffentlicht das Gespräch in mehreren Teilen (JazzWax 1; JazzWax 2; JazzWax 3; JazzWax 4).

Nate Chinen hört dem Saxophonisten James Brandon Lewis zu (The Gig). --- Michelle Mercer schlägt vor, eine Demenz-Playlist zu erstellen, denn "das musikalische Gedächtnis kann bei Menschen mit Demenz erstaunlich stark sein, selbst wenn andere Teile des Gehirns zerstört sind" ... also nur für den Fall (Call and Response with Michelle Mercer).

Nicholas D. Ball untersucht Biografie und Technik des Schlagzeugers Leroy Maxey, eines oft übersehenen Instrumentalisten, der im Cab Calloway Orchestra der frühen 1930er Jahre spielte (The HiDeHo Blog, part 1). --- Ethan Iverson erklärt, wie er ein neues Stück lernt, am Beispiel des Standards "Easy to Love" (Transitional Technology).

Henry Boon erinnert an den Multiinstrumentalisten, Grafikdesigner und Community Leader Bilal Abdurahman (Daily Bandcamp). --- Der Saxophonist Peter Brötzmann hat schwere gesundheitliche Problemen, musste eine Weile im Krankenhaus behandelt werden und wird in (naher) Zukunft wohl nicht mehr spielen, wie er selbst auf seiner Facebook-Seite schreibt (Facebook: Peter Brötzmann).

Wir lesen die Morgenzeitung für Sie!

Liebe Jazzfreunde,

Die Jazz News des Jazzinstituts versorgen Sie regelmäßig (zurzeit ca. alle zwei Wochen) mit Nachrichten, die wir aus der Online-Tagespresse für Sie zusammenfassen. Diese Rubrik wird auf unserer Website (www.jazzinstitut.de) täglich aktuell gehalten.

Wenn Sie an Literaturlisten zu den hier genannten Musiker:innen interessiert sind, so finden Sie etliche auf unserer Jazz-Index-Website. Der Jazz-Index ist eine bibliographische Datenbank, die kostenlos im Jazzinstitut abrufbar ist. Kontaktieren Sie uns, wenn Sie ähnliche Auszüge zu noch nicht gelisteten Musiker:innen wünschen.

Viel Vergnügen bei Ihrer Lektüre zum Jazz in der/n vergangenen Woche/n.

Nachrufe

Wir erfuhren vom Ableben der Sängerin Eunice Newkirk im Alter von 83 Jahren (New York Amsterdam News), des britischen Klarinettisten und Saxophonisten Tony Coe im Alter von 88 Jahren (Jazzwise, The Guardian), des Schlagzeugers Curly Martin im Alter von 79 Jahren (Omaha World-Herald), des österreichischen Pianisten Harald Neuwirth im Alter von 84 Jahren, des Fotografen und Kritikers Ken Franckling (Facebook), des brasilianischen Bassisten/Gitarristen Theo De Barros im Alter von 80 Jahren (Folha de S. Paulo), des Sängers Bobby Caldwell im Alter von 71 Jahren (Deadline), des britischen Gitarristen Simon Booth im Alter von 67 Jahren (The Guardian), des Schlagzeugers Jim Gordon im Alter von 77 Jahren (Variety), sowie der südafrikanischen Sängerin Gloria Bosman im Alter von 50 Jahren (Daily Independent).

Letzte Woche im Jazzinstitut

Neue Bücher, die wir gelesen haben

Zu den Büchern, die wir in den vergangenen Wochen lasen, gehören "Artistic Research in Jazz. Positions, Theories, Methods", herausgegeben von Michael Kahr; "Kansas City Jazz. A Little Evil Will Do You Good", von Con Chapman; "Schöner fremder Klang. Wie exotische Musik nach Deutschland kam", eine drei Bände umfassende Reihe von Claus Schreiner; sowie "Sight Readings. Photographers and American Jazz, 1900-1960", von Alan John Ainsworth (siehe die Rubrik "Neue Bücher" auf der Website des Jazzinstituts).

JazzTalk mit Hank Roberts

Am vergangenen Freitag setzten wir unsere 25-jährige Reihe JazzTalk mit einem Konzert des Trios des Cellisten Hank Roberts, des Pianisten Aruan Ortiz und des Schlagzeugers Matt Wilson fort. Das Konzert in unserem ausverkauften Gewölbekeller ließ glückliche Musiker und ein begeistertes Publikum zurück. Wie immer im JazzTalk begann der zweite Teil des Abends mit einem kurzen Gespräch, bei dem Hank Roberts die Idee erläuterte, die zu diesem Trio geführt hatte, erklärte, wie sich das Konzept seiner Kompositionen verändert und welchen Einfluss die Musiker, mit denen er spielt, auf diese Veränderungen haben. Er sprach über seinen eigenen Weg zum Jazz und wie er sich für das Cello entschieden hat, über die New Yorker Knitting Factory-Szene der 1980er Jahre im Vergleich zur heutigen Szene im Big Apple, sowie über sein Instrument selbst, das Cello, was es ihm erlaubt und was nicht. Dann spielte das Trio ein zweites Set und zwei Zugaben, von denen eine allerdings vom Publikum gegeben wurde, das für Hank Roberts, der an diesem Tag 69 Jahre alt geworden war, Happy Birthday sang.

Destination Unknown: Die Zukunft des Jazz

In unseren letzten JazzNews haben wir das vorläufige Programm des ersten Tages unseres 18. Darmstädter Jazzforums im Herbst vorgestellt. Der Vormittag des zweiten Tages im Hoffart Theater steht unter dem Titel ANCIENT TO THE FUTURE und beginnt mit zwei Vorträgen zum Thema Afrofuturismus. Richard Herzog erklärt, wie wichtig die Idee der Traditionsverbundenheit in der Musik junger afro-amerikanischer Musiker:innen wie Matana Roberts und Moor Mother ist. Magdalena Fürnkranz wirft einen Blick auf den Afrofuturismus als historisches Konstrukt und Antriebsfeder für aktuelle Musik und stellt dabei eine Verbindung zwischen Sun Ra und Janelle Monáe her. Bettina Bohle wird genereller und fragt, inwieweit sich "Jazz" nicht oft selbst im Wege steht. Sie holt die Diskussion damit auch von Afro-Amerika nach Deutschland und diskutiert, was mit diesem Begriff hierzulande in ganz unterschiedlichen Kontexten eigentlich gemeint ist.

Der Nachmittag wird konkreter und fragt: WAS WÄRE WENN? Das BuJazzO hatte 2022 einen Kompositionswettbewerb unter der Überschrift "Zukunftsmusik" ausgerichtet, damit allerdings vor allem auf das Alter der teilnehmenden Komponist:innen angespielt. Der Saxophonist Niels Klein, der den Wettbewerb leitete, und die Flötistin Jorik Bergmann, die zu den Preisträger:innen gehörte, machen sich dennoch gemeinsam Gedanken darüber, was Zukunft für sie und für ihre jeweilige Musik bedeuten mag, ganz konkret, künstlerisch oder für ihre jeweilige Lebensplanung. Der Saxophonist Frank Gratkowski fragt aus eigener Perspektive, was Jazz ist, was er sein und was aus ihm werden könnte.

Im zweiten Panel des Jazzforums fragen wir unter der Überschrift "Macht Platz!" danach, wo sich die Zukunft der Musik gestalten lässt. Kreativität benötigt schließlich Räume, im wörtlichen Sinn genauso wie metaphorisch. Eingeladen haben wir dafür Ella O'Brien-Coker, selbst Musikerin und Leiterin des NICA artist development am Europäischen Zentrum für Jazz und aktuelle Musik des Stadtgarten Köln; Camille Buscot, Projektleiterin bei der Deutschen Jazzunion und Co-Geschäftsführerin der IG Jazz Berlin, die Einblick in regionale genauso wie nationale Strukturdiskurse hat; sowie die Sängerin und Kulturmanagerin Lisa Tuyala, die unter anderem das Frauen*musiknetzwerks Women* of Music (W*oM) initiiert hat. Es moderiert Sophie Emilie Beha.

Der Freitag geht mit einem Doppelkonzert in der Darmstädter Centralstation zu Ende, bei dem wir Jorik Bergmann's Julius Eastman Project hören sowie die Band Mother der Kontrabassistin Athina Kontou. Das Konzert wird von hr2 aufzeichnet.

In den nächsten JazzNews werden wir Details über den dritten Konferenztag des 18. Darmstädter Jazzforums verraten. Das gesamte Programm mit Vortragstiteln, Biografien der Referent:innen und ausführlicheren Abstracts der Beiträge finden Sie bald auf unserer Website. Merken Sie sich aber schon jetzt den Termin vor: 27./28.-30. September 2023. Und schauen Sie auf unserer Website vorbei (Destination Unknown), die auch einen korrespondierenden Blog enthält, in dem wir einige unserer eigenen Gedanken zu diesem Thema darlegen. Übrigens: Konferenzsprache ist diesmal überwiegend Deutsch.

Hartmut Geerken Sun Ra Archive

Vor zwei Jahren hatten wir das Sun Ra Archiv des Sammlers, Musikers und... ja, irgendwie Universalgelehrten Hartmut Geerken übernommen. Inzwischen haben wir bereits mehr als die Hälfte davon digitalisiert. Das Archiv wird rege genutzt, vor kurzem etwa für die Recherchen zu einer geplanten Dokumentation des US-Filmemachers Stanley Nelson. In der aktuellen Ausgabe von JAZZpects haben wir einige Ordner und Kisten geöffnet, um Ihnen einen kleinen Einblick in die Sammlung zu geben – versprochen: da werden noch einige Kapitel folgen.

32. Darmstädter Jazz Conceptions 2023

Seit 1992 veranstalten wir jeden Sommer gemeinsam mit dem Kulturzentrum Bessunger Knabenschule einen einwöchigen Workshop. Zu den Darmstädter Jazz Conceptions werden Dozent:innen eingeladen, die einen ganz eigenen Zugang zur Musik entwickelt haben, die Teilnehmenden stammen vor allem aus der Region. Der Workshop findet vom 24. bis 29. Juli 2023 statt, an jedem Abend gibt es Konzerte und Sessions in der ganzen Stadt. Die diesjährigen Dozent:innen sind: Matthew Bookert (Sousaphon), Daniel Guggenheim (Saxophon), Johannes Lauer (Posaune), Laura Robles (Cajon), Taiko Saito (Mallets), sowie Uli Partheil (Klavier). Partheil ist nach dem Tod des Workshop-Gründers Jürgen Wuchner im Jahr 2020 auch der künstlerische Leiter.

Mehr Informationen: Darmstadt Jazz Conceptions.

Die Online-Anmeldung ist ab 2 April 2023 möglich.    

Aktuelle Öffnungszeiten des Jazzinstituts

Das Archiv des Jazzinstituts ist für Besucher und Nutzer nach Anmeldung geöffnet. Daneben können Sie uns weiterhin per Telefon, E-Mail oder Video-Call erreichen. Sollten Sie einen Video-Call wünschen, bitten wir Sie, dafür per e-mail einen Termin abzumachen und uns dabei bereits mitzuteilen, worum es in dem Gespräch gehen soll. Wir werden Ihnen dann einen Link für eine Webex Videosession für unser Treffen zusenden.

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