Eine lange Weile ist es her, dass der letzte JazzTalk im Jazzinstitut Darmstadt stattfand. So lange, dass wir erst noch einmal die korrekte Nummerierung recherchieren mussten. Es ist tatsächlich die 142. Ausgabe des beliebten Mischformats aus Musikkonzert und intensiv-ausführlichem Musikergespräch zwischen den beiden Konzertteilen. Der Berliner Saxophonist und Bassklarinettist Gebhard Ullmann war in den letzten Jahren bereits dreimal in der JazzTalk-Reihe vertreten.
Aber was heißt das schon bei einer der herausragendsten und originellsten Jazzmusikerpersönlichkeiten Deutschlands. 65 Jahre alt ist Ullmann im vergangenen Jahr geworden, weit über 60 Produktionen hat er unter eigenem Namen oder als Co-Leader in seiner langen Karriere veröffentlicht. Allein sechs davon in den vergangenen 25 Jahren mit dem kongenialen The Clarinet Trio mit Jürgen Kupke und Michael Thieke. Ihre neueste CD “Transformations and Further Passages” erschien erst am 28. Oktober 2022 beim Londoner Label LEO-Records und ist eine Reise durch die Geschichte des deutschen Jazz der 1950er und 1960er Jahre, wie es sie in dieser Form noch nicht gegeben hat.
Neben vier Eigenkompositionen der Bandmitglieder erklingen Neuinterpretationen einiger Stücke von Joki Freund, Albert Mangelsdorff, Rolf und Joachim Kühn, Manfred Schoof, Karl Berger und Ernst Ludwig Petrowsky. Das Trio verneigt sich vor diesen Großen des deutschen Jazz, ohne aber im Respekt zu erstarren.
Ullmann hatte das Glück, mit vielen der Genannten persönlich zusammengespielt zu haben. Manche von ihnen sprach er direkt an und erhielt die originalen Partituren der Stücke. „Es war uns wichtig“, rekapituliert Ullmann, „diese Originale nicht nur zu spielen, sondern unsere eigenen, von uns entwickelten Techniken einzusetzen, um die Musik in einem neuen Kontext zu spielen.“
Gebhard Ullmann selbst sieht sich eindeutig als Nachfahre jener Generation von Musikern und nicht als letzter Teil von ihr. Es gelte anzuerkennen, betont er, dass diese Musiker in den 1950er Jahren in Deutschland völlig andere Kämpfe auszutragen hatten als jene, die wie er in den 1980er Jahren hinzukamen. Damals sei der Jazz auch noch viel dichter an der gesellschaftlich politischen Entwicklung dran gewesen als heute, so Ullmann. Er sei privilegiert gewesen, weil er schon eine fertige Kunstform vorgefunden habe.
Der Titel „Transformations & Further Passages“ trägt dem Umstand Rechnung, dass die genannten Musiker damals einerseits geografische Wege zurück gelegt haben, die weit beschwerlicher waren, als das heute der Fall ist, und andererseits auch musikalisch völlig neue Wege beschritten.
Eine Veranstaltung des Jazzinstitut Darmstadt im Rahmen des dazz – Jazz Winter Darmstadt 2023