Gleich nach dem Krieg gründeten sich in vielen Städten Westdeutschlands Jazzclubs (oft auch Hot Clubs genannt), nicht als Spielorte für Livemusik, sondern als Vereine, in denen sich Jazzfans trafen, sich über Jazzgeschichte und aktuelle Veröffentlichungen austauschten und, sofern sie selbst Musik machten, die eine oder andere Jam Session organisierten.
Im Jazzinstitut haben wir zahlreiche Dokumente über diese Jazzaktivitäten der 1940er und 1950er Jahre. Ein gutes Beispiel, wie die Clubs strukturiert und welches ihre Ziele waren, gibt der Dreijahresbericht aus Würzburg für die Jahre 1948 bis 1951. Zugleich ist das Beispiel Würzburg durchaus symptomatisch für ähnliche Clubs in der damaligen amerikanischen Zone.
Bebop, Zoff, wenige Frauen
Es begann im Mai 1948 mit Plattenabenden und Vorträgen, initiiert vom örtlichen Amerika-Haus, inhaltlich organisiert von Fans, unterstützt aber auch von den amerikanischen Besatzern, die Konzerte sowohl amerikanischer Musiker aus der Army als auch Jam Sessions mit amerikanischen und Deutschen Musikern ermöglichten.
Auf Anregung des Amerika-Haus-Chefs gründete sich im Mai 1949 der Würzburger Jazz-Club als “selbständige Interessengruppe, die losgelöst vom Amerika-Haus ihre eigenen Entscheidungen treffen kann”. Es gab zahlreiche Vorträge über alle Stilrichtungen des Jazz (das Logo des Vereins ist bezeichnenderweise ein stilisierter Dizzy Gillespie-Kopf), bald aber auch Zwist im Vorstand, darüber hinaus heftigen Streit mit der neuen Leitung des Amerika-Hauses, der auch von einem eigens eingeladenen Vertreter des Hot-Club Duisburg nicht geschlichtet werden konnte. Und schließlich gerieten die Jazzer auch noch mit Vertretern der Musikhochschule aneinander, die den Jazz “mit Geflügelzüchter- und Jodlervereinen verglichen”, ihn als eine “Geschmacklosigkeit”, gar eine “Gefahr” darstellten.
Zum Schluss der Jahresberichte findet sich eine Übersicht über die verschiedenen Aspekte eines Jazz-Clubs in jenen Jahren: über den Ablauf der Clubabende, über die Mitglieder- und Besucherstruktur (Alter zwischen 16 und 28, 15 Prozent weibliche Besucher), über zur Verfügung stehende Privatsammlungen an Schallplatten, Büchern und Zeitschriften, über die künftigen Ziele.
Gleich nach Gründung der Deutschen Jazz Föderation im Mai 1952 wurde der Jazz-Club Würzburg Mitglied dieses Verbandes , der es ja als seine Aufgabe ansah, die Interessen der vielen westdeutschen Clubs zu bündeln. Aus der Korrespondenz mit der DJF haben wir noch vier Schreiben beigehängt, die einen weiteren Einblick ins Clubleben jener Jahre geben.
Viel Vergnügen bei einem Ausflug ins Würzburg der späten 1940er, frühen 1950er Jahre!
Jahresberichte 1948/49, 1949/50, 1950/51
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Download des obigen Jahresberichts als PDF-Datei:
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Korrespondenz mit der Deutschen Jazzföderation, 1952-54
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