Ablauf der Konferenz:
DONNERSTAG – Nachmittag
25. September 2025
13:45
Bettina Bohle
Begrüßung und Eröffnung der Konferenz „Universal Consciousness
Organisatorische und inhaltlich einführende Worte zur Konferenz und zur Bedeutung des Gesprächs über Spiritualität im Jazz für die aktuellen Jazzdiskurse insbesondere in Deutschland
Thema:
Spiritualität, Wirkung und Theorie: Perspektiven öffnen
Tag 1 der Konferenz im HoffArt-Theater Darmstadt. Der erste Tag stellt theoretische und musikwissenschaftliche Perspektiven ins Zentrum: Wie lässt sich das Verhältnis von Musik und Spiritualität überhaupt denken und erforschen? Die Beiträge und das anschließende Panel untersuchen Jazz und Improvisierte Musik als Ausdrucksträger für metaphysische, religiöse oder gesellschaftspolitische Anliegen. In der Abendveranstaltung im Programmkino rex erweitern wir den Blick über das Konzert hinaus – mit zwei Filmen und einem Gespräch zur Erfahrungswelt von Künstler*innen.
14:00
Laura Schwinger (Münster)
Self-loss, self-care, self-expression? Jazz und Achtsamkeit
— abstract: —
Jazz und Achtsamkeit scheinen eine wirkungsvolle Verbindung einzugehen – beide sind an Spiritualität angebunden, zu Jazz wird meditiert, über das “Im-Hier-und-Jetzt”-Sein der Interpret:innen diskutiert. Doch handelt es sich bei der Achtsamkeit, die sich mittlerweile als Self-Care-Instrument in vielen Sphären der Gesellschaft findet, um das gleiche Phänomen wie bei den bewusstsensfokussierten Ansätzen im Jazz? Der Vortrag stellt musikbezogene Entwicklungslinien aus Jazzgeschichte und Achtsamkeitskultur gegenüber. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf den sinnstiftenden Qualitäten von Achtsamkeitspraktiken aufseiten von Musiker:innen, Rezipient:innen und Vermarkter:innen sowie dem sie umgebenden Spannungsfeld aus Selbstoptimierung, künstlerischer Selbstverwirklichung und spiritueller Orientierung.>
— bio: —
Laura Schwinger studierte Kulturanthropologie und Musikwissenschaft in Mainz, Utrecht und Hilversum. Sie ist seit 2017 Mitherausgeberin der Anthologie testcard – beiträge zur popgeschichte und war viele Jahre lang als Veranstalterin und DJ tätig. In ihrer wissenschaftlichen und publizistischen Arbeit befasst sie sich mit Ideologien in der Popkultur, Medienästhetik und Feminismus .
15:15
Uwe Steinmetz (Regensburg)
Just a Vessel – Spirituelle Erfahrung als Formsprache im Spiritual Jazz
— abstract: —
Was macht Spiritual Jazz zu mehr als ein Etikett für Künstler und Labels? Ist nicht alle Musik spirituell – , jedes Konzert auch ein Ritual und wo kommen auch noch Religion ins Spiel? Uwe Steinmetz hört einordnend in die Jazz‐Geschichte und Gegenwart hinein, unternimmt den Versuch einer offenen Typologie des Spiritual Jazz und stellt aktuelle interdisziplinäre und Forschungszugänge vor.
— bio: —
Uwe Steinmetz wurde als Saxofonschüler von Spiritual Jazz und Indischer Musik geprägt. Seit 1999 widmet er sich beruflich den Berührungspunkten von Spiritualität, Religion und Jazz mit einem Fokus auf der Christliche Tradition. Er studierte als Stipendiat in Berlin, Bern und Boston und promovierte an der Universität Göteborg über die musikalische Sprache des religiös inspirierten Jazz.
Uwe ist Mitbegründer des internationalen Netzwerks BlueChurch, Kurator kirchlicher Jazzreihen und Festivals in Europa und veröffentlicht Bücher, Essays und Songbooks. Konzertreisen führten ihn in über 40 Länder und auf fünf Kontinente. Als Solist veröffentlichte er sechzehn CDs unter eigenem Namen und wurde mehrmals für den Preis der Deutschen Schallplattenkritik nominiert. Seit 2024 ist er hauptamtlich als Dekanatskirchenmusiker in der Evangelisch‐Lutherischen Kirche in Bayern tätig und lebt mit seiner Frau, der Cellistin Lauren Franklin Steinmetz und drei gemeinsamen Kindern in Regensburg.
16:30
Panel 1 zu musikwissenschaftlichen Perspektiven mit
André Doehring (Kunstuni Graz), Fanny Opitz (Rundfunkjournalistin und Literaturwissenschaftlerin, Bonn), Hauke Dorsch (Uni Mainz), Moderation: Aida Baghernejad
Bei dem von der Berliner Journalistin und Bloggerin Aida Baghernejad moderierten Panel diskutieren der Musikethnologe Hauke Dorsch, Leiter des Archivs für die Musik Afrikas der Uni Mainz, die SWR-Musikjournalistin und Medienwissenschaftlerin Fanny Opitz und der Musikwissenschaftler André Doehring, Direktor des Instituts für Jazzforschung an der Kunstuni Graz über die unterschiedlichen Herangehensweisen ihrer Disziplinen zum Thema Spiritualität.
— bios: —
André Doehring ist Professor für Jazz- und Popularmusikforschung am von ihm geleiteten Institut für Jazzforschung der Kunstuniversität Graz (Österreich). Seine Arbeitsgebiete sind Analyse und Historiographien von populärer Musik und Jazz sowie Musik und Medien. Er ist Mitherausgeber von Jazzforschung / Jazz Research und Beiträge zur Jazzforschung / Studies in Jazz Research.
Fanny Opitz ist promovierte Literaturwissenschaftlerin und arbeitet als Musikjournalistin (Autorin, Moderatorin und Redakteurin) für die Kulturwellen der ARD sowie für internationale Medien. Als Jazzkritikerin für SWR Kultur und SRF Kultur gehört der aktuelle Überblick über die internationale Jazzszene zu ihrem Tagesgeschäft. Außerdem kuratiert sie aktuelle Musiksendungen und sorgt für viel Jazz im Radio. Weitere Schwerpunkte sind Weltmusik, Modern Classical und Classical. Außerdem ist sie als Bühnenmoderatorin tätig, gibt Konzerteinführungen und hostet Events wie das Showcase Festival der Jazzahead 2025. Als Dozentin und Coach gibt sie ihr Wissen weiter. Das Thema Jazz und Spiritualität begleitet sie seit vielen Jahren als Expertin für Black Music – zum Beispiel in ihrer 10-teiligen Serie „ 100 Jahre Harlem Renaissance“ (SWR Kultur Musikstunde) sowie in Interviews und Features an der Schnittastelle von Jazz und Philosophie/Theologie, z.B. SWR Kultur Jazz: Der Jazzphilosoph Wadada Leo Smith.
Hauke Dorsch ist wissenschaftlicher Leiter des Archivs für die Musik Afrikas (AMA) und lehrt am ifeas. Er forschte u.a. zu westafrikanischer Musik in der Diaspora, zur Integrationspolitik in Deutschland und zu kubanisch-afrikanischen Beziehungen. Jüngere Forschungen zur namibischen Popularmusik, zur Feminisierung der westafrikanischen Koramusik, zur kongolesischen Rumba in der Ära Mobutu. Die Arbeit im Archiv lädt zur Auseinandersetzung mit Materialität von Kultur, hier besonders Musik, zur Kulturgeschichte von Musik, zu (post-) kolonialen Erwerbungskontexten ein. Darüber hinaus geht es mir stets auch um die Vermittlung afrikanischer Musik an eine breitere Öffentlichkeit, über Konzerte, Workshops, Ausstellungen, DJ-Sets, Medien.
17:30 REFLEXION mit Aida Baghernejad
FREITAG – Vormittag
26. September 2025
Thema:
Körper, Konflikte, Kuratieren: Zwischen Hingabe und Haltung
Am zweiten Konferenztag geht es um die gelebte Praxis: Wie manifestiert sich Spiritualität im künstlerischen Alltag? Wie wirkt Musik in gesellschaftlich angespannten Kontexten? Musiker*innen, Kurator*innen und kulturpolitische Akteur*innen bringen vielfältige Perspektiven auf kreative Handlungsspielräume ein. Im Zentrum stehen dabei sowohl individuelle Positionen als auch kollektive Formate, zwischen Widerstand, Ritual und Selbstsorge. Der Konzertabend mit Michael Wollny und Émile Parisien in der Centralstation sowie eine nächtliche Listening Session mit Hermes Villena und Tanya Gautam runden den Tag atmosphärisch ab.
10:00
Martin Büdel (Darmstadt)
‚Es ist mehr als eine Religion‘: Spiritualität und Transzendenz in madagassischen Jazz-Fusionen
— abstract: —
Jazz wird nicht selten mit unterschiedlichen Formen spiritueller Erfahrung verbunden, in Bezug auf unsichtbare Dimensionen von Inspiration und Imagination, aber auch im engeren Sinne als religiöse Erfahrung, die wiederum kreative Prozesse animiert. Die Vorstellungswelt und musikalische Praxis jazzbegeisterter Musiker*innen in Antananarivo, der Hauptstadt Madagaskars, ist ebenso fundamental geprägt durch ihren Glauben und den Bezug auf Spiritualität. Der Vortrag beleuchtet diese spirituellen Kräfte auf madagassische Musiker*innen und ihre Jazz-Fusionen. So finden sich Formen der Spiritualität in ganz unterschiedlichen
Ausprägungen: zum Beispiel in der engen Verbindung zwischen christlichem Glauben, Gospel- und Kirchenmusik und Jazz; aber auch im Hinblick auf Elemente vorchristlicher Traditionen, die ebenso Inspiration beim Komponieren oder Improvisieren bieten können. Unabhängig davon, ob sie sich auf christliche oder
vorchristliche madagassische Glaubensvorstellungen beziehen, teilen Musiker*innen in Bezug auf Jazz eine gemeinsame Überzeugung: Ihre Musik wird von einer Art ‚Geist des Jazz‘ bestimmt und ermöglicht nicht nur tiefe emotionale Erlebnisse, sondern auch Verbundenheit mit anderen oder Erfahrungen der Transzendenz.
— bio: —
Martin Büdel ist Ethnologe und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Ethnologie und Afrikastudien der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Nach dem Studium der Ethnologie, Soziologie und Afrikastudien promovierte er in Ethnologie mit einer Dissertation über Alltag, Arbeit und den Umgang mit Zeit im ländlichen Frankreich. In seinen überwiegend ethnographisch ausgerichteten Forschungen interessiert er sich für Musik und ästhetische Erfahrung, aber auch für Arbeit und wirtschaftliches Handeln allgemein. Sein aktuelles Forschungsprojekt untersucht das Wechselverhältnis von Musik und Gesellschaft in Jazz und musikalischer Improvisation im madagassischen Hochland, insbesondere in der Hauptstadt Antananarivo. In Kürze erscheint dazu u.a.: ‚Locating Jazz in Madagascar. A Brief Musical Social History.‘ im Journal of Southern African Studies.
11:00
Laura Robles Marcuello (Berlin)
Antigroove – Diskriminierung und kulturelle Aneignung im Rhythmus
— bio: —
Laura Robles Marcuello wurde in Swasiland geboren, wuchs in Lima, Peru, auf und begann bereits mit vier Jahren Cajón zu spielen. Ihre musikalische Ausbildung führte sie über Lehrer wie Amador Chebo Ballumbrosio sowie Begegnungen mit kubanischen Musiker:innen zu einer frühen Auseinandersetzung mit afro-peruanischer und kubanischer Musik.
In ihrem Soloprojekt ANTI-GROOVE greift Laura Robles Rhythmen aus verschiedenen Ländern auf und verändert deren innere Phrasierung durch Morphing und Improvisation. Dabei komponiert sie Rhythmen und Melodielinien, die den Prozess der Veränderung begleiten.
Mit CAMINA sucht Laura Robles nach neuen Wegen, moderne Jazzmusik mit dem afro-peruanischen Cajón zu interpretieren. Gemeinsam mit den Berliner Musikern Peter Ehwald (Saxofon) und Johannes Lauer (Klavier) hat sie eine musikalische Sprache entwickelt, die rhythmische und harmonische Konzepte des Jazz mit den Ausdrucksmöglichkeiten afro-peruanischer Folklore verbindet – eine dicht verwobene Musik von großer improvisatorischer Freiheit und Weite.
11:45 REFLEXION mit Aida Baghernejad (Berlin)
FREITAG – Nachmittag
26. September 2025
Thema:
Körper, Konflikte, Kuratieren: Zwischen Hingabe und Haltung
14:00
Aida Baghernejad (Berlin) im Gespräch mit Maria I.J. Reich (Berlin)
Kunst, Kontext, Kreativität. Kreativität unter angespannten Bedingungen
— bio: —
Maria I.J.Reich ist Geigerin, Komponistin, Forscherin, Dichterin und Pädagogin – eine prägnante Stimme einer neuen Generation improvisierender Musiker*innen in Europa. Ihre Arbeit verbindet
Virtuosität mit kompositorischer Tiefe, interdisziplinärer Forschung und internationaler Bühnenerfahrung. Nach einem Jungstudium an der UdK Berlin und einem kulturwissenschaftlichen Studium mit Auszeichnung entwickelte sie ein Profil, das zeitgenössische Musik, Improvisation und Forschung vereint. Sie lebte in Mexiko, Peru, Italien, Frankreich und Deutschland, spricht fünf Sprachen und bewegt sich zwischen Genres und Disziplinen. Kompositionsaufträge erhielt sie u. a. von Ensemble Reflektor und dem Goethe-Institut, Förderungen u. a. vom Berliner Senat und Musikfonds. Ihr Soloalbum INTERDEPENDENZEN (Relative Pitch Records, 2024) sowie Veröffentlichungen bei transcript, Routledge und Verlag Neue Musik Berlin dokumentieren ihre eigenständige Forschung und Klangsprache. Derzeit arbeitet sie an CARE WORKS – einem Projekt über Fürsorgearbeit in unserer Gesellschaft.
Aida Baghernejad ist freie Journalistin (u.a. Deutschlandfunk Kultur, Zeit Online, RadioEins, Musikexpress, taz, Tagesspiegel, tipBerlin) und schreibt über Musik, Film, Literatur und Essen. Sie ist außerdem Moderatorin und Co-Moderatorin verschiedener Podcast- und Veranstaltungsformate und erforschte 2024 als Thomas Mann Fellow im Thomas Mann House Los Angeles wie politische Themen im popkulturellen Diskurs verhandelt werden. 2021 erhielt sie den International Music Journalism Award als Musikjournalistin des Jahres, 2019 wurde sie für den besten Text des Jahres ausgezeichnet, und war in den letzten Jahren unter anderem für den Alternativen Medienpreis oder den Listen to Berlin Award nominiert. 2023 war sie die Juryvorsitzende des Deutschen Jazzpreises und ist unter anderem Mitglied des Beirats des Deutschen Jazzpreises, der Jurys des VIA Award des VUT, des IMJA und des Kathrin-Preises des Jazzinstituts Darmstadt.
15:15
Basak Yavuz (Berlin) & Serdar Yilmaz (Istanbul)
An introduction to their artistic project „Triptych of the Absentees“
— abstract: —
Triptych of the Absentees is a transdisciplinary trilogy. It draws in elements of fantasy and allegory to explore themes at the center of the contemporary global debate: social polarization and the devaluation of fact. At the center of the project is the concept of „absence/presence“ through an ontological perspective, that absence is not non-existence. This stems from our belief that while humanity exists within social and cultural structures, other worlds also exist; that rather than just monotype individuals, artists with different backgrounds, emotions, and thoughts are of value to society, paving the way for the emergence of a new „world of values“. The work also involves the interpretation of absence as a state of active detachment. This absence in the real world has many causes, largely in response to the age of post-truth. Therefore the piece also asks: Is being present an achievement to be accomplished or the flipside of the same coin?
— bios: —
Basak Yavuz (Ph.D.) is a leading jazz figure from Türkiye now based in Berlin, embodies cross-cultural exchange through her international projects. After winning the Nardis Jazz Competition in 2008, she earned a Master of Music from the Manhattan School of Music and completed her doctoral studies in Istanbul, with her dissertation entitled: „The Impact of Twentieth Century Music Theory on John Coltrane’s Performances and Compositions“. Basak has performed internationally, with her debut album „things“ recorded in New York featuring jazz legend Dave Liebman, followed by a second album „a little red bug“ recorded in Istanbul. She has taught at Bahcesehir and Bilgi Universities. Her latest LP, „RAUM 610“, recorded in Berlin and released this year by Rumi Sounds, has been praised for its zappa’esque qualities, demonstrating her ability to push musical boundaries.
Serdar Yilmaz graduated from Marmara University, Department of Fine Arts, Painting Department in İstanbul (MA and PhD). Serdar Yılmaz has many films that were screened at many national and international film festivals and won awards. Similarly, his experimental film and video installations have reached viewers at various international art galleries, solo and group exhibitions and museums. (For example, “the Turkish Delight”, Rio Contemporary Art Museum, Brazil). Yilmaz has worked as a production designer and art director on many feature films and documentaries and won many awards. Some of his awards include; The “Shadowless” (2009, the Golden Boll Film Festival, “the Best Art Director Award”), “Waiting for Heaven” (2007, the Golden Boll Film Festival, Ankara Film Festival, “the Best Art Director Award”). His short films “the Puddle” (2015) and “Fried Chicken” (2013) have been screened at many international film festivals such as the Rotterdam Film Festival (2013), the Cannes Film Festival (2012), the Brooklyn Film Festival (2016-2012), and the Oaxaca Film Festival. He works as an academic at Balikesir University, Fine Art Faculty.
16:30
Panel 2 zu kuratorischen Perspektiven
mit Sohie Emilie Beha (Köln), Klaus Gasteiger (Mainz), Jacobien Vlasman (Berlin), Moderation: Aida Baghernejad
Beim Panel ab 16:30 Uhr diskutieren die Kurator*innen Sophie Emilie Beha, Klaus Gasteiger, Jacobien Vlasman zu Perspektiven beim Umgang mit dem Begriff der Spiritualität bei der Entwicklung von Veranstaltungskonzepten.
— bios: —
Sophie Emilie Beha (*1997) ist Kuratorin und multimediale
Musikjournalistin. Sie hört mit großen Ohren Menschen, Tönen und Phänomenen zu, lässt sie in sich wirken und faltet real-surreale Welten auf, gebaut aus Sprache und Klang. Mehrdimensional durchleuchtet sie in Festivals,
Konzertreihen, Texten, Radiosendungen und Moderationen
soziale und politische Diskurse der Gegenwart, verknüpft sie mit Musik und verrückt scheinbar Unumstößliches. Sophie befragt liebevoll bestehende Grenzen, betrachtet das Fremde als Freundin und widmet sich hingebungsvoll wie ein Trüffelschwein ihrer Suche nach der Quintessenz, getrieben
von Durchlässigkeit und Neugierde. Sie ist Gründerin und Künstlerische Leitung der Konzertreihe „ritual“ und des Festivals „Houbara – Resonanzen Iran“ in
Köln, sowie u.a. Ko-Kuratorin der Cologne Jazzweek und des moers festivals. Sie war bereits zweimal für den Deutschen Jazzpreis nominiert. Mehr Informationen unter: sophieemiliebeha.de
Klaus Gasteiger 1973 im schweizerischen Thun geboren, studierte Musik und Kulturmanagement in Würzburg und Ludwigsburg. Von 2005 bis 2023 war er als Kulturmanager und Konzertdramaturg für BASF in Ludwigshafen tätig und dort für mehrere Konzertreihen verantwortlich. Als künstlerischer Leiter setzte er Projekte unter anderem in Mumbai, Shanghai und New York um. Er entwickelte für das weltweit größte Chemie-Unternehmen zahlreiche Sponsoringprojekte und arbeitete dabei mit Festivals, Museen, Theatern und der Freien Szene zusammen. Zudem war er Geschäftsführer der „Arbeitsgruppe Kulturvision“ und in der kulturellen Regionalentwicklung der Metropolregion Rhein-Neckar aktiv. Klaus Gasteiger war Lehrbeauftragter an verschiedenen Hochschulen, unter anderem an der Hochschule für Musik Mainz, der Donau Universität Krems und dem Institut für Kulturmanagement in Ludwigsburg. Gasteiger ist 2. Vorsitzender von Jazz RLP, dem Landesverband für Jazz in Rheinland-Pfalz. Seit 2024 ist er selbstständiger Kulturmanager. Er wird im ersten Halbjahr 2025 kulturelle Forschungsreisen zur Ästhetik der Aufführungspraxis etwa zum Kala Ghoda Festival nach Mumbai sowie nach Südostasien unternehmen. Ab der Spielzeit 2026 ist er Co-Intendant des Moselmusikfestivals.
Die in Berlin lebende niederländische Sängerin, Komponistin und Festivalorganisatorin Jacobien Vlasman ist eine vielseitige Stimme der deutschen Jazzszene. Mit zwei Masterabschlüssen (M.A. Mus. EUJAM, M.A. phil. Geisteswissenschaften) verbindet sie künstlerische Neugier mit intellektueller Tiefe. Ihre Projekte – vom Oktett Jaco Says Yes über das elektro-akustische Trio enEn bis zu internationalen Kollektiven – zeigen ihre Offenheit für Klangforschung, Improvisation und neue Ausdrucksformen. Auftritte führten sie u.a. zum Cheltenham Jazz Festival, XJAZZ Istanbul, Luxemburg Jazz Ralley und zur Burghausener Jazzwoche. Ebenso prägt sie seit fünf Jahren die Berliner Szene als künstlerische Leiterin und Organisatorin des rejazz-festivals und der Konzertreihe Inside, wo sie innovative Formate entwickelt und internationale Künstler*innen zusammenbringt. Zahlreiche Stipendien und Auszeichnungen (Senat Berlin, Musikfonds e.V.) unterstreichen die künstlerische Strahlkraft ihres Schaffens.
17:30 REFLEXION mit Aida Baghernejad
SAMSTAG – Vormittag
27. September 2025
Thema:
Auf der Suche nach Resonanz: Musikpädagogik, Performance und Alltagspraxis
9:00
Jonas Brinckmann (Holzkirchen)
„Improvisation zwingt dich im Hier und Jetzt zu sein. Wenn du das nicht bist, dann improvisierst du nicht“ – Sichtweisen von Instrumentallehrenden auf das „Jetzt“
— abstract: —
In der Fachliteratur ist zu lesen, dass das Lehren und Lernen von Jazz(improvisation) zunehmend in institutionalisiertem Kontext stattfindet. Jazz als eigenständiges Hauptfach werde an immer mehr Musikschulen und Musikhochschulen etabliert und auch an den allgemeinbildenden Schulen scheint das Konzept Big Band Klasse an Beliebtheit zu gewinnen. Da Jazz zunehmend an Schulen, Musikschulen und Hochschulen praktiziert werde, kommt den Lehrkräften eine entscheidende Rolle bei der aktiven Fortführung und Mitgestaltung einer Jazztradition zu.
Die im Titel angesprochene Zeitlichkeit wird als ein zentrales Element des (Jazz)Improvisierens beschrieben. Dabei gehe es nicht um musikalische „Time“, sondern um Zeit als fortlaufendes Kontinuum zwischen Vergangenheit und Zukunft – als Abfolge von Ereignissen. Mit einer Auffassung des Improvisierens als gleichzeitiges Erfinden und Ausführen im Rahmen eines undeterminierten Prozesses in Echtzeit, wird damit eine bestimmte innere Haltung der Spieler*innen verbunden: Als nicht-reflexiv, entspannt aber wach, loslassend, wertfrei und fokussiert auf das Hier und Jetzt. Vor diesem Hintergrund werden im Rahmen des Vortrags Interviewausschnitte von Instrumentallehrkräften im nicht-hochschulischen Bereich präsentiert und untersucht. Die dadurch entstehenden Eindrücke konturieren ein Jazzimprovisieren im Hier und Jetzt aus instrumentalpädagogischer Perspektive. Darüber hinaus geben sie Einblicke, vor welchen Herausforderungen die befragten Lehrkräfte beim Unterrichten des Jazzimprovisierens stehen
— bio: —
Jonas Brinckmann ist wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Musikpädagogik an der Musikhochschule Carl Maria v. Weber in Dresden. Er studierte Lehramt Musik und Jazzsaxofon an den Musikhochschulen in Dresden und München. Nach seinem Studienabschluss unterrichtete er Saxofon, Klarinette und Ensembles an den städtischen Musikschulen Rottenburg a.d.L, Garching b. München und Unterschleißheim. Momentan leitet er die Amateurbigband „Hard Days Night Big Band“, unterrichtet Jazzsaxofon in der Schulmusikabteilung der Musikhochschule München und gibt Band Workshops im Auftrag des Bayerischen Musikrats. Neben seiner pädagogischen Tätigkeit spielt er als Baritonsaxophonist in der Band von Harald Rüschenbaum, im Christian Elsässer Jazzorchestra oder der Munich Lab Band und ist Gast in Bands in ganz Europa, wie dem Concept Art Orchestra Prag, Tobias Hoffmann Jazzorchestra Graz oder der Jakob Helling Concert Band Wien.
10:00
Maria Spychiger (Frankfurt)
Fly me to the Moon. Connecting patterns im Jazz
— abstract: —
Ausgehend vom Konzept der connecting patterns, das Gregory Bateson in seinem Hauptwerk Mind and Nature, a Necessary Unity (1979) als Grundlage des Ästhetischen identifiziert hat, stellt dieser Beitrag die Frage nach den verbindenden Mustern im Jazz. Das Flussnetz entlang dem Mississippi und den Ohio hinauf, mit dem sich der Jazz von New Orleans aus in die rivertowns und weiter in die Metropolen von Chicago und New York City ausbreitete, steht wie eine große Metapher für solche Muster. Connecting patterns werden wirksam, wenn Menschen sich ihnen öffnen, auf sie antworten und sich mit ihnen koordinieren. Es werden im Vortrag einige solche unmittelbaren Antworten in der musikalischen Wahrnehmung angesprochen. Darüber hinaus wird die Sphäre erläutert, in welcher Verbundenheit erlebt und erfahren wird: die ästhetisch-sakrale Sphäre als Bereich erweiterter Welterfahrung, wie sie die Musik insgesamt bietet. Die Spezifika des Jazz als connecting agent gilt es auszuloten. Als grandioses Beispiel wird einerseits Fly Me to the Moon vorgestellt, das erste Lied, das mit der Apollo 10 Mission sogar Himmel und
Erde miteinander verbunden und die Astronauten mit der zurückgelassenen Erde musikalisch zusammengehalten hat. Weiter beleuchtet die Referentin mit einem persönlichen Erlebnis in einer der rivertowns – Louisville am Ohio – die pädagogische Dimension der connecting patterns und ihre große Wirkung und Präsenz in der Praxis des Jazz.
— bio: —
Maria Spychiger, Professorin für empirische Musikpädagogik an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt am Main von 2007-2025, durchlief ihren akademischen Bildungsweg mit den Fächern Psychologie, Pädagogik und Ästhetik in der Schweiz, Deutschland und den USA. Doppelvenia Legendi für Musikpsychologie und Musikpädagogik. Zahlreiche Forschungsprojekte mit Schwerpunkten in der musikalischen Bildung und der musikbezogenen Identitäts- und Selbstkonzeptforschung sowie der Entwicklung des Konzepts der Fehlerkultur. Neuere Arbeiten widmen sich dem Person-Welt-Bezug mit Fokus auf die ästhetisch-sakrale Sphäre. Internationale Publikations- und Vortragstätigkeit, Reviewerin für viele Fachzeitschriften und Forschungsgesellschaften. An der HfMDK Frankfurt am Main hat sie u.a. den Studiengang Master Musikpädagogik aufgebaut und das Konsortium Graduiertenschule Musikpädagogik zur Zusammenarbeit verschiedener Ausbildungsstandorte gegründet.
11:00
Michael Wollny (Leipzig)
Living Ghosts
— abstract: —
Der Vortrag erkundet das Spannungsfeld zwischen Körper, Geist und Klang im künstlerischen Prozess, insbesondere in improvisierter Musik. Ausgehend von der Metapher des „Geists“ als Inspiration, Erscheinung oder Nachklang beleuchtet der Vortrag, wie Musik als „lebender Geist“ wirkt – durch Musiker:innen, durch Instrumente, durch Räume. Zwischen Spiritualität und Automatismus, zwischen Handwerk und Hauch bewegt sich die künstlerische Praxis in einem oszillierenden System von Bewusstem und Unbewusstem, Intuition und Technik.
Künstlerische Prozesse werden als hauntologische Phänomene verstanden: Geisterhaftes, Abwesendes, Nicht-mehr- oder Noch-nicht-Seiendes prägt sowohl das musikalische Material als auch seine Ausführung. Begriffe wie „Muscle Memory“, „Zungenrede“, „Griffbibliothek“ oder „haptische Choreographie“ verweisen auf körperliche Speicher, die von Musik „heimgesucht“ werden. Werkstatt und Bühne erscheinen als Orte der Beschwörung, in denen der schöpferische Akt zwischen Kontrolle und Hingabe changiert.
Anhand musikalischer Beispiele und Zitate, klassischer Horrorfilm-Narrative und interdisziplinärer Verweise formuliert der Vortrag eine Poetik des musikalischen Zwischenreichs – ein Raum, in dem Musik nicht nur erklingt, sondern durch Musiker:innen hindurch spricht. Musik als „lebender Geist“ wird so zum Medium einer künstlerischen Epiphanie, die sich rationaler Durchdringung entzieht und dennoch präzise gestaltet ist.
— bio: —
Michael Wollny zählt heute zu den bedeutendsten europäischen Jazzmusikern. Nach einer klassischen Ausbildung und frühem Jazzstudium bei Chris Beier entwickelte er einen unverwechselbaren pianistischen Stil zwischen Improvisation, Klassik und Avantgarde. Bekannt wurde er mit dem Trio [em] (Eva Kruse, Eric Schaefer), das 2005 mit dem Album call it [em] den Auftakt zur ACT-Reihe Young German Jazz gab. Seither prägt Wollny die Szene mit stiloffenen Projekten und international gefeierten Veröffentlichungen. Das Trio-Album Weltentraum (2014) markierte seinen Durchbruch weit über die Jazzwelt hinaus – inklusive Auftritten in den Hauptnachrichtensendungen und ausverkauften Konzertsälen. Wollny arbeitet regelmäßig mit Musiker:innen wie Heinz Sauer, Joachim Kühn, Vincent Peirani, Emile Parisien, Andreas Schaerer oder Nils Landgren, ebenso mit Künstlern aus Pop, Literatur und Neuer Musik. Als Solist, mit seinem Trio oder in wechselnden Besetzungen hat er über 30 Alben veröffentlicht, zahlreiche Preise gewonnen und ist als Professor, Kompositionsauftragsnehmer und Artist in Residence in ganz Europa aktiv. Wollny versteht seine Musik als „Wunderkammer“: ein ständig wachsendes Klangarchiv, gespeist aus Einflüssen von Schubert bis Björk, von Varèse bis Kraftwerk.
11:45 REFLEXION mit Aida Baghernejad
SAMSTAG – Nachmittag
27. September 2025
Thema
Auf der Suche nach Resonanz: Musikpädagogik, Performance und Alltagspraxis
Improvisation als Moment der Gegenwart, als Zugang zu kollektiven Erfahrungen und als künstlerischer wie pädagogischer Möglichkeitsraum steht im Mittelpunkt dieses Tages. Neben Beiträgen zu Mental Health, Musikpädagogik und ästhetischer Forschung stellen Musiker*innen und Performer*innen ihre Perspektiven auf Spiritualität im kreativen Prozess vor. Was passiert im „Jetzt“ des Spiels – und wie lässt sich diese Erfahrung vermitteln? Der Abend gehört dem Yarns Ensemble und ihrer Musik zwischen musikalischer Spurensuche und klanglicher Gemeinschaft.
14:00:
Jan Kobrzinowski (Münster) & Hans Hansen (Bexhörn)
Beyond Music. A Journey into Healing Frequencies of Sound and Music
— abstract: —
Wir starten einen langfristigen Podcast über die mögliche Heilkraft von Musik als transformatives Instrument für ganzheitliche Heilung und auch sozialen und Weltfrieden – sowohl physisch als auch geistig – durch Musik und Sound. Unsere Initiative zielt darauf ab, die tiefgreifende Wirkung von Klang und Musik als soziales und individuelles Instrument für Menschlichkeit, Wohlbefinden, Krisenbewältigungsstrategiein und Nachhaltigkeit auf unserem Planeten zu erforschen und ein tieferes Verständnis dieses Heilungspotenzials für Einzelpersonen, Gemeinschaften und soziale Gruppen zu fördern. Ein Work-in-Progress-Projekt mit einem öffentlichen professionellen YouTube-Kanal und Website/einem Blog: Video-Interviews, auch um sie Sponsoren zu präsentieren und evtl. finanzielle Unterstützung für einen später möglichen Dokumentarfilm zu finden. Einige Videos sind aufgrund sorgfältig durchgeführter Genehmigungsprozesse mit allen Protagonist*innen noch nicht veröffentlicht. Alle YouTube-Interviews mit Künstler*innen, Veranstalter*innen, Musikforscher*innen etc. werden erst nach endgültiger Genehmigung auf unserem YouTube-Kanal veröffentlicht. Zeile: Untersuchung der Praktiken von Musikern, Heilern, Lehrern, Wissenschaftlern, die bewusst mit Heilung durch die Kraft von Klang und Musik arbeiten. Die Podcast-Reihe liefert strukturierte Interviews mit Künstlern, Experten und Praktikern, die ihre Erkenntnisse und Erfahrungen teilen. Die Ergebnisse sollen öffentlich zugänglich gemacht werden, um Menschen über die heilende Kraft von Musik und Klang aufzuklären und zu inspirieren.
–bios:–
Jan Kobrzinowski wurde 1959 in Hamburg geboren. Studium der Geisteswissenschaften an der Uni Hamburg, Aufenthalt in Mallorca/Spanien, dort Co-Leiter eines internationalen Kulturzentrums; Journalist für Jazz und andere Musik, Musiker, lizensierter Workshopleiter TaKeTiNa®-Methode (Advanced Rhythm Teacher) wohnt in Münster/Germany, www.kobrzinowski.com
Hans Hansenis a versatile filmmaker, photographer, and musician known for his collaborative work, particularly as a Director of Photography and editor for the Barcelona-based production company Minimal Films on award-winning documentaries like „Al final de la escapada“. His creative portfolio also includes photography for publishers like Triangle Postals and musical compositions, reflecting a transnational career balanced between his professional hub in Barcelona and a personal base in Germany.
15:15
Die Unwucht (Berlin)Lecture Performance
— abstract: —
Das Duo DIE UNWUCHT arbeitet seit über acht Jahren an Arbeitsweisen für Improvisierte Musik. Dabei spannen Christopher Kunz und Florian Fischer schon von Beginn an den Bogen zur gesellschaftlichen Einbettung und zum Einbezug von Spiritualität und Körperarbeit als wichtige Träger zum Erinnern und Reproduzieren musikalischer Inhalte. Über die Jahre hat DIE UNWUCHT eigene Methoden und Arbeitsweisen entwickelt, die in einer offenen lecture performance in drei Abschnitten vorgestellt werden.
1. Kurze konzertante performance von DIE UNWUCHT als „Arbeitsprobe“
2. Vorstellung der Probenarbeit von DIE UNWUCHT
Drei Übungen, die Meditation und Körpergefühl mit Theorien der Spektralmusik vereinen und eine Musik, die aus sich selbst heraus entsteht, begünstigen:
– Körpergefühl als wichtiger Träger zum Erinnern und Reproduzieren musikalischer Inhalte
– Betrachtung der Band-Arbeit im globaleren Kontext hinsichtlich spiritueller Methoden und Einflüsse
3. Einbettung des künstlerischen Schaffens in den gesellschaftlichen und politischen Raum.- Sind Arbeitsweisen und die Konstruktion / Kom
position von Musik politisch?
– Spiritualität und Avantgarde
— bio: —
Florian Fischer ist experimenteller Schlagzeuger und Improvisationsmusiker.
Inspiriert von Spektralmusik, Zeitgenössischer Komposition und Black American Music arbeitet er an seiner eigenen Spielart Improvisierter Musik, in die er zudem Konzepte aus Psychologie, Soziologie, Theater, bildender Kunst und Literatur einfließen lässt. Neben seinem Soloprogramm und eigenen Projekten rund um das Duo „Die Unwucht“ arbeitete er auch international u.a. mit Loren Stillman, Achim Kaufmann, Elisabeth Coudoux, Ignaz Schick und Nicola Miller. Als künstlerischer Leiter von „Projekt_Freispiel“ kuratiert und koordiniert er Konzerte, Workshops und Diskussions-Panels zum Thema Freiheit und Improvisation. florianfischerdrums.com
Christopher Kunz (Tenor – und Sopransaxophon) arbeitet an Klangstrukturen, wandelbaren Motiven und der Suche nach einer individuellen harmonischen
Sprache. Seine Musik umfasst sowohl lyrische und melodische Elemente als auch abstrakteres strukturelles Material und deckt ein weites Feld von minimalem, transparentem bis zu dichtem und dunklem Expressionismus ab.
In den Kollektiven Die Unwucht, FLUT, Perplexities on Mars und im Duo mit Pianist Simon Lucaciu geht er dieser Klangsprache in freien Improvisationen und Eigenkompositionen nach.
16:30
Panel 3 zu künstlerischen Perspektiven mit Philipp Gropper (Berlin), Zola Mennenöh (Köln) und Mark Porter (Erfurt), Moderation: Aida Baghernejad
Den Abschluss der Konferenz bildet das letzte Panel, in dem sich der Musiker Philipp Gropper, die Performance Künstlerin und Musikerin Zola Mennenöh und der Religionswissenschaftler Mark Porter von der Uni Erfurt über persönliche Zugänge, spirituelle oder religiöse Bezüge in ihrem Schaffen – und die damit verbundenen Chancen und Herausforderungen unterhalten.
— bios: —
Philipp Gropper ist Saxophonist und Komponist. Nach seinem Jazzstudium an der UdK Berlin und zwei Jahren beim Bujazzo arbeitet er als freischaffender Saxophonist und Komponist. Er gründete mehrere eigenständige Bands, darunter das Trio Hyperactive Kid (2003), das Quartett PHILM (2012) sowie die elektroakustische Band TAU5 (2013). 2020 startete er ein weiteres Projekt mit Grischa Lichtenberger und Gaia Mattiuzzi. Konzerte führten ihn in über 40 Länder auf fünf Kontinenten. Gropper spielte mit Musiker:innen wie Ralph Towner, Bobby McFerrin, Maria João, Mat Maneri, Nils Petter Molvaer, SEEED u.v.a., sowie als Sideman in Projekten wie Wanja Slavin’s Lotus Eaters, Pablo Held’s Glow, The Killing Popes oder dem European Movement Jazz Orchestra. Er wirkte an über 60 Alben mit und engagiert sich kulturpolitisch u.a. in der IG Jazz Berlin, der Initiative gegen Klassismus in der Musik, bei Future Bloom sowie im Jazzkollektiv Berlin. Gropper versteht seine Musik stets als Auseinandersetzung mit afroamerikanischer Musik und setzt auf kollektive, gesellschaftlich relevante Arbeitsformen.
Zola Mennenöh ist eine deutsche Sängerin, Multi-Instrumentalistin, Komponistin und visuell arbeitende Künstlerin mit Wurzeln in Jazz und Klassik. Sie studierte am JIB Berlin, am Rytmisk Musikkonservatorium Kopenhagen und bei der norwegischen
Improvisationskünstlerin Sidsel Endresen. Aufgewachsen in einer Großfamilie im Bergischen Land, bildet sie in ihren Arbeiten auf unkonventionelle Weise ihre, von Kontrasten geprägte, Herkunft ab: zwischen Tradition/Vision, Ordnung/kreativem Chaos, Disziplin/Freiheit, Gemeinschaft/Individualismus und kreiert eine ganz
eigene, vielschichtige Nischenmusik, die sich über Genre- und Disziplin-Grenzen hinwegsetzt, stets geführt von der Kraft der Improvisation. Sie kollaboriert aktuell mit Max Andrzejewski, Shahzad Ismaily, Sissi Rada, Halvcirkel, Simon Toldam, Kathrin Pechlof und steht u.a. mit ihrem Projekt ANIMA MUNDI auf der Bühne. Ihr Debütalbum „Longing for Belonging“ (2020, figureight records) wurde für den Deutschen Jazzpreis 2021 nominiert.
Mark Porter studierte am University College, Oxford, und am King’s College, London, bevor er 2014 an der City University, London, im Fach Ethnomusikologie promovierte. Anschließend war er Postdoc am Max-Weber-Kolleg der Universität Erfurt. Diese Position ebnete den Weg für sein jüngstes Projekt zu christlicher musikalischer Innovation und sich verändernden ökologischen Beziehungen, das am dortigen Fachbereich Theologie und Religionswissenschaften angesiedelt ist. Seine Arbeit widmet sich der Vielfalt musikalischer Praktiken und Erfahrungen im Christentum und darüber hinaus und fragt nach deren Bedeutung für Individuen, Gemeinschaften und größere kulturelle und soziale Konstellationen. Er ist Autor zweier Monografien (Contemporary Worship and Everyday Musical Lives, 2016; Ecologies of Resonance in Christian Musicking, 2020) und Mitherausgeber des Bandes Ethics and Christian Musicking. Zudem ist er Programmvorsitzender der Konferenz Christian Congregational Music: Local and Global Perspectives. Seine Texte erschienen in zahlreichen internationalen Fachzeitschriften, und er hat an Universitäten weltweit gelehrt und referiert. Einen praxisorientierten Schwerpunkt setzt er durch die Arbeit mit Gemeinschaften, Workshops sowie kreative Projekte und Performances. Neben seiner wissenschaftlichen Tätigkeit ist Mark auch Musiker und war als Worship Leader, Musikdirektor, Organist und Chorleiter in verschiedenen Kirchen in Großbritannien und Deutschland aktiv.
17:30 REFLEXION mit Aida Baghernejad






… war ja das Thema unseres letzten Darmstädter Jazzforums, aber natürlich spielt der Bereich der Diversität auch eine Rolle, wenn wir über die Zukunft dieser Musik reden. Wir stellen fest: Jazzmusiker:innen in Deutschland sind nach wie vor zu einem großen Prozentsatz männlich, überwiegend weiß („caucasian“ sagt man im Amerikanischen), stammen meist aus eher gebildeten Familien und haben in der Regel auch selbst studiert.
Es ist ja eine Binsenweisheit, dass das „Neue um des Neuen willen“ eigentlich ein alter Hut ist. Spätestens seit den 1970er Jahren geht das nicht mehr, diese Forderung, Jazz, Musik, Kunst ganz allgemein habe sich immer weiter zu entwickeln, immer neue Spielformen, Klänge, Approaches zu erfinden, dürfe sich auf keinen Fall wiederholen.
Mark Schieritz hat eine französische Website entdeckt, die rein durch „Künstliche Intelligenz“ alle möglichen Begriffe danach verortet, ob sie politisch „links“ oder „rechts“ stehen (
Unlängst stolperte ich über ein Video des Pianisten Robert Glasper, der 2019 in einem „Jazz-Night in America“-Video erklärte „why Jazz is the mother of HipHop“.
Wir machen’s ja auch, zählen auf, wofür der Jazz alles steht: Individualität, Freiheit, Offenheit, Toleranz, Diversität, Experiment, Fortschritt, Zukunft… Aber tun wir der Musik mit diesen Aufladungen wirklich etwas Gutes? Oder entstammen sie nicht tatsächlich unseren politischen Strategien, dem Jazz, also „unserer“ Musik, zu mehr Ansehen und Respekt zu verhelfen, zu mehr Spielräumen, zu mehr Förderung?
Zukunft ist ja immer auch Gegenwart und Vergangenheit, weil wir sie aus unserer Erfahrung des Erlebten heraus gestalten und weil wir jetzt anfangen müssen, Dinge zu verändern, die wir anders haben wollen. Das geht mir dieser Tage durch den Kopf, wo ich in deutschen und amerikanischen Zeitungen von Terri Lyne Carringtons Veröffentlichung „New Standards. 101 Lead Sheets by Women Composers“ lese (z.B.
Theo Croker hat vor kurzem ein Original aufgenommen mit dem Titel „Jazz Is Dead“. Pirmin Bossart überschreibt seinen Artikel im Herbstheft des Schweizer Magazins Jazz ’n‘ More „Jazz ist tot – aber die kreative Musik lebt“ und zitiert Croker, der Genres für veraltet hält und findet, dass das, was einige HipHopper heute machen „mehr Jazz ist als das, was Jazzmusiker machen“.
Ich hab’s ja schon zweimal angekündigt. Heute also „Visionen“. Und, nein, man muss nicht zum Arzt gehen, wenn man Visionen hat, wie Helmut Schmidt das einst so schön geraten hat. Es reicht, die Visionen regelmäßig mit der Wirklichkeit abzugleichen, sich also bewusst zu bleiben, dass die Vision eventuell ein Fernziel ist, auf das man hinarbeiten kann, das sich dabei allerdings einerseits selbst immer wieder verändert, das andererseits aber schon allein im Denken die eigene Wirklichkeitswahrnehmung und in der Arbeit am Weg oder im Sprechen über ihn auch tatsächlich die Realität beeinflusst.
Ted Gioia hat sich unsere 18. Darmstädter Jazzforum heute zum Thema seines Blogeintrags gemacht – naja, nicht wirklich, aber sein Beitrag über „20 Predictions for the Music Business in 10 Years“ (
Das Vorhersehen kultureller Entwicklungen hat eigentlich noch nie richtig geklappt. Wir stecken dafür ja viel zu sehr in den Gedankenstrukturen, die unsere kulturelle Gegenwart prägen, müssten aber nicht nur die künstlerischen Diskurse voraussehen, sondern genauso alternative Räume, in denen Diskurse geführt werden können, Themen, die wir zurzeit für vielleicht gar nicht so wichtig erachten, eine veränderte (Selbst-)Auffassung von Kunst. Wir müssten Institutionen mitdenken und ihre Veränderungen (vgl. z.B. die Forderungen, die beim Darmstädter Jazzforum 17 in Bezug auf Diversität in den Institutionen gestellt wurden), politische Befindlichkeiten (vgl. z.B. die Diskussionen um die Documenta 15 und die Kontrollpflichten von Kurator:innen genauso wie von Politik), Veränderungen in der Wahrnehmung und Anerkennung von Künstler:innen und ihrer kreativen Arbeit in der Gesellschaft. Und natürlich müssten wir die künstlerische Aussage selbst mitdenken, den kreativen Prozess und sein Ergebnis, im Falle der Musik das Konzert, die Studioproduktion, den Konnex mit dem Publikum.
Wolfram Knauer leitet seit 1990 das Jazzinstitut Darmstadt. Er hat zahlreiche Bücher veröffentlicht, zuletzt Monographien über Louis Armstrong (2010, 2021), Charlie Parker (2014), Duke Ellington (2017) sowie ‚Play yourself, man!‘ Die Geschichte des Jazz in Deutschland (2019). Im Frühjahr 2008 lehrte er als erster nicht-amerikanischer Louis Armstrong Professor of Jazz Studies an der Columbia University in New York.



























Das Album „Dreams To Come” kommt gerade zur richtigen Zeit und setzt der schwierigen und komplexen Zeit, die hinter uns liegt, Optimismus und Aktivismus entgegen. „Ich sehe die Musik im Herzen der Gesellschaft. Ich glaube daran, dass Kreativität das Mittel ist, mit dem man Umbrüche meistern kann und mit der das Leben noch lebenswerter und bunter wird.“

Willisau is a small Swiss town in the center of Europe. It is also the place where the pioneering international jazz avant-garde has been meeting since the mid-1960s.
















